Weniger Netto für Spitzenverdiener
Es gibt Begriffe in der deutschen Politik, die würde man am liebsten überlesen, so sperrig und farblos klingen sie. „Beitragsbemessungsgrenze“ ist zum Beispiel eines dieser typischen Wortungetüme. Dabei verbirgt sich hinter den acht Silben eine der wichtigsten Rechengrößen deutscher Arbeits- und Sozialpolitik. Die Beitragsbemessungsgrenzen markieren, bis zu welcher Einkommenshöhe Sozialabgaben fällig werden – und haben damit direkte Auswirkungen auf die Einnahmen etlicher Arbeitnehmer. Denn wer sehr viel verdient, muss nur für einen Teil seiner Einkünfte Beiträge für die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung abführen.
Ab kommendem Jahr sollen sich nun die Einkommensschwellen nach oben verschieben. Mit anderen Worten: Spitzenverdiener sollen tiefer in die Tasche greifen. So jedenfalls sieht es ein aktueller Verordnungsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) vor, den die Bundesregierung aller Voraussicht nach auch beschließen wird.
Erhöhung außergewöhnlich stark
Steigende Beitragsbemessungsgrenzen sind nicht ungewöhnlich. Üblicherweise werden sie jedes Jahr angehoben, um mit der Lohnentwicklung Schritt zu halten. Von 2023 auf 2024 zum Beispiel stieg die Schwelle für die gesetzliche Krankenversicherung bundesweit von 59.850€ auf 62.100€ Jahreseinkommen und damit um 3,76%. In der Rentenversicherung ging es in den neuen Bundesländern von 85.200€ auf 89.400€ hinauf und in den alten von 87.600 auf 90.600€. Das entspricht einem Anstieg von 4,9% im Osten und 3,4% im Westen. Das Besondere ist nun: So kräftig wie aktuell geplant fiel die Erhöhung selten aus.
Keine höheren Rentenbeiträge mehr ab 8.050€
Während in Westdeutschland bislang ab 7.550€ Bruttolohn pro Monat keine höheren Rentenbeiträge mehr gezahlt werden mussten, soll das künftig erst ab 8.050€ gelten, was einem Jahreseinkommen von 96.600€ entspricht. Ein Anstieg um 6,6%. Im Osten verschiebt sich die Grenze von 7.450€ auf ebenfalls 8.050€ und damit sogar um ganze 8%. Damit wird erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik auch bei der Rentenversicherung für Ost und West dieselbe Rechengröße gelten. In der Kranken- und Pflegeversicherung ist das schon seit vergangenem Jahr der Fall. Trotzdem soll auch hier die Einkommensgrenze 2025 steigen: von derzeit 5.175€ auf 5.512€ im Monat. Doch was bedeutet das nun für die Lohnabrechnung? Wie viel müssen Gutverdiener ab 2025 draufzahlen?
46€ mehr im Westen, 55€ mehr im Osten
Für die Zahlungen in die Rentenkasse ist das schnell errechnet. Der Beitragssatz zur Rentenversicherung liegt aktuell deutschlandweit und für alle Einkommen bei 18,6% vom Bruttolohn. Dieser Prozentsatz fließt für jeden Angestellten automatisch in die Rentenkasse, wobei der Arbeitgeber die Hälfte übernimmt. Vom Bruttolohn des Mitarbeiters gehen also de facto 9,3% ab.
Wer nun mindestens 8.050€ verdient, würde ab kommendem Jahr maximal 1.497€ in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen (8.050 × 18,6%). Bislang sind es (im Westen) nur 1.404€ und damit 93€ weniger. Betrachtet man nur den Arbeitnehmeranteil, gehen demnach 46€ mehr vom Bruttolohn ab. Im Osten steigen die Rentenbeiträge für Spitzenverdiener noch deutlicher: Bislang können maximal 1.385,70€ in die Rentenkasse eingezahlt werden und damit 111€ weniger als für 2025 geplant. Spitzenverdiener sollen in den neuen Bundesländern künftig also 55€ mehr abgeben.
Kinderlose zahlen mehr für die Pflegeversicherung
In der gesetzlichen Kranken- und Pflegekasse klettert der Beitragsbemessungssatz auf 66.150€ jährlich (2024 sind es 62.100€) beziehungsweise 5.512,50€ monatlich. Bislang mussten Arbeitnehmer schon ab 5.175€ Bruttolohn keine höheren Beiträge mehr zahlen.
Während alle Arbeitnehmer für die Krankenversicherung den allgemeinen Satz von 14,6% des Bruttolohns (7,3% für Arbeitnehmer) zahlen, ist es in der Pflegeversicherung etwas komplizierter. Kinderlose beispielsweise zahlen 4% (2,3% Arbeitnehmeranteil) des Bruttolohns ein, während Beschäftigte mit einem Kind nur 3,4% einzahlen (1,7% Arbeitnehmeranteil). Mit der Anzahl der Kinder sinkt der Anteil stufenweise. Bei fünf Kindern oder mehr beispielsweise zahlen Beschäftigte lediglich 0,7% ihres Bruttolohns in die Pflegekasse ein.
Was bedeuten die steigenden Beitragsbemessungsgrenzen in dem Fall? Gehen wir beispielhaft von einem Arbeitnehmer ohne Kinder aus. Der Arbeitnehmeranteil zur Krankenkasse beträgt 7,3% und zur Pflegeversicherung 2,3%, zusammen also 9,6%. Damit gehen bei einem Monatseinkommen von 5.512,50€ vom Bruttolohn ab nächstem Jahr 529€ für die Kranken- und Pflegeversicherung ab. Bislang waren es nur 497€ und damit 32€ weniger. Zusammen mit den Beitragssteigerungen in der Rentenversicherung (46€ West; 55€ Ost) erhöhen sich die Sozialabgaben für Spitzenverdiener also insgesamt um 78€ (West) beziehungsweise 87€ (Ost).
Versicherung | Arbeitnehmer-anteil vom Bruttolohn | Maximalbeitrag / Monat (2024) | Maximalbeitrag / Monat (2025) |
---|---|---|---|
Rentenversicherung | 9,3% | 1.404€ (West); 1.385€ (Ost) | 1.497€ (bundesweit) |
Krankenversicherung | 7,3% | 377€ (bundesweit) | 402€ (bundesweit) |
Pflegeversicherung (Kinderlose) | 2,3% | 119€ (bundesweit) | 127€ (bundesweit) |
Übrigens steigt ebenfalls die sogenannte Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung bundesweit von 69.000€ (2024) auf 73.800€ (2025). Das heißt: Wer künftig mehr als 73.800€ verdient, ist nicht mehr verpflichtet, in die gesetzliche Krankenversicherung einzuzahlen und darf in die private wechseln.
Entscheidend sind die Lohnsteigerungen von 2023
Grundlage für die Anpassung der Beitragsbemessungsgrenzen sind die Bruttolöhne. Die Schwellen sollen demnach in gleichem Maße steigen wie zuletzt die Einkommen. Für die Werte von 2025 werden dazu die Löhne von 2023 herangezogen. Die Löhne seien deutschlandweit um 6,4% gestiegen, heißt es beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS).
Erhöhungen sollen „soziale Absicherung stabil halten“
Bleibt die Frage, was das Ganze eigentlich soll. Wozu werden die Beitragsbemessungsgrenzen immer wieder angehoben? Auf der Homepage der Bundesregierung heißt es: „Die Werte (…) werden jedes Jahr an die Entwicklung der Einkommen angepasst, um die soziale Absicherung stabil zu halten.“ Mit anderen Worten: Würde man die Spitzenverdiener nicht jedes Jahr ein bisschen stärker zur Kasse bitten, würden diese – bei stetig steigenden Löhnen – später zum Beispiel eine verhältnismäßig kleine Rente bekommen. Schließlich gilt auch: Je mehr Geld ein Beschäftigter jedes Jahr in die Rentenkasse einzahlt, desto höher sind die späteren Ansprüche.
Deutlich wird das an einem Beispiel: Ein Rentenpunkt kostet aktuell knapp 8.500€. Wer im Jahr so viel einzahlt, sammelt einen Rentenpunkt, der wiederum einem Rentenwert von aktuell 39,32€ entspricht, die dem Ruheständler ein Leben lang monatlich zustehen. Im Jahr 2024 liegt der Maximalbeitrag zur Rentenversicherung in Ostdeutschland bei 1.385,70€. Pro Jahr können also maximal 16.628€ eingezahlt werden (1.385,70 × 12) und damit genau 1,95 Rentenpunkte gesammelt werden. Nun steigen mit der Zeit nicht nur die Löhne, sondern auch die Kosten für einen Rentenpunkt. Kommendes Jahr beispielsweise soll ein Rentenpunkt Schätzungen zufolge bereits 8.960€ kosten. Würden Spitzenverdiener dann immer noch „nur“ 16.628€ pro Jahr einzahlen, würden sie nur noch 1,85 Rentenpunkte sammeln. Zugleich sollen die steigenden Grenzen dazu dienen, Besserverdienende auch weiterhin zu gleichen Teilen an der Finanzierung der Sozialversicherung zu beteiligen.
„Reiche und Superreiche leisten noch nicht ihren gerechten Anteil“
Ist es also nur fair, wenn die Beitragsbemessungsgrenzen nun deutlich stärker steigen als in den Vorjahren? Das schon, meint Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Doch aus ihrer Sicht könnte es noch fairer zugehen. „Die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenzen geht noch nicht weit genug“, sagte Bentele in einer Pressemitteilung von Mitte September. Zugleich forderte sie, dass „alle Einkommensarten, auch aus Vermietungen und Vermögen, zur Finanzierung der Sozialversicherungen herangezogen werden.“ Zudem sollten die Beitragsbemessungsgrenzen in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung auf die Werte der Rentenversicherung angehoben werden, also auf besagte 8.050€. Denn: „Reiche und Superreiche leisten noch nicht ihren gerechten Anteil an der Finanzierung der Kranken- und Pflegeversicherung“.
Und sicher, es mag gerecht klingen, die Spitzenverdiener der Gesellschaft stärker zur Kasse zu bitten oder gar für ihre gesamten Einkünfte Sozialabgaben zu leisten. Doch müssten die Kassen früher oder später eben auch mehr Geld auszahlen. Und weil etwa das Rentensystem in Deutschland nach dem sogenannten Umlageverfahren funktioniert, bei dem die jungen Erwerbstätigen die Ruheständler finanzieren, ginge das entweder zulasten der jungen Einzahler, denen man mehr vom Lohn einbehalten müsste – oder zulasten aller Rentner, deren Rentenwert man kürzen müsste, um die Auszahlungen nicht explodieren zu lassen.
„Wie eine Zusatzsteuer auf Arbeit“
Unternehmen und arbeitgebernahe Institutionen halten steigende Beitragsbemessungsgrenzen – und das ist nicht sonderlich überraschend – für ungerecht. Schließlich steigen auch für Arbeitgeber die Lohnkosten, wenn Beschäftigte höhere Sozialabgaben zu leisten haben. Schon 2023 warnte beispielsweise die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) davor, die Finanzlöcher der Kranken- und Pflegekassen durch höhere Beitragsbemessungsgrenzen zu stopfen. „Besonders belastet wären Wirtschaftszweige, die viele hochqualifizierte Fachkräfte beschäftigen“, hieß es in der Meldung der Interessenvertreter. Die höheren Grenzen wirkten „wie eine Zusatzsteuer auf Arbeit.“
Ohne Gehaltserhöhung weniger Rente?
Übrigens werden in gewissem Maße auch viele andere Beschäftigte die zuletzt gestiegenen Löhne zu spüren bekommen – auch wenn sich ihr Gehalt eher im Normalbereich bewegt. Denn mit der Höhe des Durchschnittsentgelts in Deutschland steigen, wie erwähnt, auch die Kosten für einen Rentenpunkt. Nach aktuellen Schätzungen des Arbeitsministeriums soll das mittlere Einkommen 2025 voraussichtlich bei 50.500€ festgesetzt werden. Diesen Beitrag müsste ein Arbeitnehmer verdienen, um einen Rentenpunkt zu sammeln – was einer Erhöhung um 11,3% im Vergleich zum Vorjahr entspräche. Das heißt auch: Verharrt das Gehalt eines Arbeitnehmers im Jahr 2025 auf demselben Stand, sammelt dieser allein durch das allgemeine höhere Lohnniveau weniger Rentenpunkte. Zwar wird zugleich auch der Rentenwert angepasst, also der Euro-Betrag, den ein gesammelter Rentenpunkt im Alter abwirft. Doch fällt diese Erhöhung (man nennt das auch Rentenanpassung) aller Voraussicht nach deutlich geringer aus. In jüngsten Berichten war von einer Erhöhung um knapp 5% die Rede. Der Sprung wäre damit in etwa so hoch wie ein Jahr zuvor.
Wer mehr einzahlt, kann auch mehr absetzen
Wie immer hat auch die Medaille des deutschen Sozialsystems zwei Seiten – und Spitzenverdiener können unter Umständen sogar von steigenden Bemessungsgrenzen profitieren. Denn sie haben das Steuerrecht auf ihrer Seite: Wer mehr in die Kassen einzahlt, sammelt nicht nur höhere Ansprüche, sondern kann obendrein mehr absetzen. Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer können die gezahlten Sozialabgaben steuerlich geltend machen und damit zumindest einen Teil der Aufwendungen wieder hereinholen.
Kommentare (15)
S
Sebastian
sagt am 01. Oktober 2024
Super Beitrag wie immer. Gibt es schon einen Brutto Netto Rechner für 2025?
D
Der, der Recht
sagt am 29. September 2024
Deutschland nimmt sehr viel Steuern ein und verschwendet das meiste davon. Das ist wie mit der deutschen Politik. Die erzählen das eine, das sich gut anhört, am Ende kommt nur Scheiß bei rum. Die Leutw wollen selbst entscheiden, was mit ihrem Geld passiert und nicht ständig zusehen zu müssen wie es an bestimmten Stellen verbrannt wird und sich dann noch anhören, dass es zu einem guten Zweck verbrannt wird.
h
hotzenplotz
sagt am 02. Oktober 2024
Ich frage mich gerade zwei Sachen: 1. Welche Expertise befähigt dich zu der Aussage, das unser Steuergeld "verbrannt" wird? 2. Woher weißt du so genau, was deine knapp 84 Millionen deutsche Mitbürger (die Leute?) denken und wollen?
A
Auswanderer
sagt am 28. September 2024
Die beste Entscheidung die ich jemals getroffen habe im finanziellen Bereich, war die Auswanderung aus Deutschland. Ich kenne inzwischen das System der Schweiz und USA. Jedes der Systeme würde ich jedezeit dem deutschen System vorziehen. Besonders die Schweiz ist ein Paradebeispiel wie es laufen könnte, damit es für Leistungsträger fair zugeht. Zum Beispiel zahle ich als Angestellter in der Schweiz keine Steuern auf Kapitalgewinne (warum sollte ich auch nochmal besteuert werden, obwohl ich bereits horrende Steuern auf mein Einkommen, bei jedem Kauf und sonst überall zahle). In Deutschland habe ich mich von meinem eigenen Land "abgezockt" gefühlt. Das Brutto sah vielversprechend aus, umso ernüchternder war der Blick auf das Netto.
G
Gewinner
sagt am 27. September 2024
Bin ich froh, dass ich reich bin. Ich bin wirklich froh, dass ich reich bin. So froh!
M
Münchner Türke
sagt am 27. September 2024
Für mich sind Sozialabgaben wie Steuern. Ich mache da keinen Unterschied, denn wenn ich krank bin gehe ich nicht zum Arzt. Ich lande nie im Krankenhaus und wenm ich Medikamente brauche, zahle ich sie bei der Apotheke aus meiner Tasche. Ob ich das Rentenalter erreiche ist nicht gewiss. Vielleicht werde ich ja vorher noch remigriert und meine eingezahlten Steuern verschwinden gänzlich. Ich glaube nicht, dass nach einer Remigration die Renten bei den betroffenen ein- u. wieder ausgebürgerten Remigranten auf irgendeiner Weise landen werden. Insgesamt verdiene ich ca. 200.000 im Jahr. Gut die Hälfte gebe ich ab. Meine Koffer sind gepackt. Meinen Kindern und Bekannten lege ich Nahe, auch die Koffer zu packen, egal ob eingebürgerter Remigrant, oder nicht. Am Ende werden wir uns wieder am Anfang der Geschichte finden. Alles zerstört. Ob der Wiederaufbau wieder so kommt ist fraglich. Wer möchte denn re-remigiert werden? Ich nicht. Und die Steuern i.H.v. 50 % sind mir viel zu hoch. Da lebe ich lieber in meiner Strandwohnung und esse jeden Tag Kebap. Die Menschen außerhalb Europa sind ja nicht am verhungern. Good bye.
h
hotzenplotz
sagt am 02. Oktober 2024
Ich frage mich gerade: wenn du das hier alles ach so schlimm findest, warum bist du überhaupt hier? Deine Story klingt für mich nicht sonderlich plausibel. Ähnliches liest man täglich in diversen Kommentaren in den sozialen Medien. Ich persönlich halte das für eine Methode, auf allen möglichen Kanälen unsere Gesellschaft zu spalten und unser Land und unsere Regierung zu diffamieren. Oder kurz auf Münchnerisch: Geschichten aus dem Paulanergarten. Meine ganz persönliche Meinung dazu! Schönen Abend!
L
Lustverlierer
sagt am 27. September 2024
Ich (57 Jahre) verdiene ca. 108.000,- € brutto (inkl. Geldwerter Vorteil eines Firmenwagens - Ford). Klingt gut - nicht wahr? Habe ca. 49,5 % Abzüge für Steuer, Sozialleistungen. Ich alleine finanziere einen Rentner der ca. 1400 € monatliche Rente erhält. Von brutto 1,- € bleiben netto 51,5 Cent. Sprich netto ca. 4.630 € im Monat. Davon zahle ich monatlich knapp 1.500,- € auch für das betreute Seniorenheim meiner Mutter (sie ist Dement aber körperlich fit). Ich arbeite ca. 50 - 60 Stunden die Woche, zeitweise noch mehr. Oftmals auch an Wochenenden arbeiten (10 Arbeitstage an Wochenenden/Feiertagen im Jahr muss ich ohne zeitlichen Ausgleich für meinen Arbeitgeber leisten; erst ab dem 11ten Tag gibt es rein theoretisch dafür einen freien Tag). Wenn ich beispielsweise einen großen Kunden im hintersten Eck in Chile für ein Meeting besuche (nicht alles lässt sich über Video-Konferenzen regeln), bin ich ca. 34 Stunden (4 Flüge plus Autofahrten) ununterbrochen unterwegs. Komme idR morgens an, dann startet das Meeting den ganzen Tag und abends muss man noch mit dem Kunden Essen gehen. Sprich 34 + 8 + 4 = 46 Stunden im Dauer-Einsatz, bis ich endlich im Hotelbett liege. Flüge sind stinknormale Touristenklasse (keine Businessclass) und Hotel muss man das nehmen was man eben im hintersten Eck von Nirgendwo erwarten darf (oft laut, heiß ...) eine erholsame Nacht klingt anders. Das ist aber nur die "halbe Wahrheit" ... das Ganze ja dann auch wieder zurück und dann nochmals ins Büro! Wenn ich das mal auf die Stunde rechne komme ich knapp über Mindestlohn ... und da fragt man sich schon ... Warum tue ich mir das eigentlich an ??? Leistung muss sich auch lohnen! Richtig, einige werden jetzt denken: "ja, Du kannst ja damit auch die 1.500 €/Monat für das Seniorenheim Deiner dementen Mutter stemmen ... das ist doch auch was wert! Klar, so gesehen richtig, würde ich aber weniger als 100.000,- € verdienen müsste ich NICHTS, NULL für das Seniorenheim meiner Mutter berappen. 1.500 € x 12 Monate = 18.000 € würde die "Gemeinschaft" tragen, also ich UND ihr. FAKT ist, dass ich mit etwas über 52.000,- € Abzüge im Jahr die Gesellschaft mit finanziere.
"
"Finanzamt Gefrustet"
sagt am 27. September 2024
Vielen Dank, dass Sie das geteilt haben! Wen muss man wählen, dass sich in der "Mittelschicht" arbeiten (100 - 250 T Brutto / Jahr) noch lohnt? Ich arbeite ca. 80 h in der Woche. Meine 18jährige Tochter, Abi von 1,0; die jetzt mit dem Studium im Oktober beginnt, meint sie will höchstens 30 Stunden / Woche arbeiten. Warum sollte sie mehr arbeiten? Lohnt sich nicht!
G
Gerald
sagt am 27. September 2024
Schade, dass nur einseitig Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK zitiert wird. Ich zähle definitiv nicht zu den Reichen oder Superreichem und habe eine ETW die ich zur Altersvorsorge. Weshalb ist es lt. VdK gerecht, dass ich hierauf noch Sozialabgaben zahlen soll?
A
Antony Werner
sagt am 27. September 2024
Weil es Einkommen ist dazu noch leistungsloses. Und wenn wir von Solidargemeinschaft Reden muss da jeder seinen Beitrag leisten. Da könnte man sowieso so Sachen wie die Abgeltungssteuer oder die Beitragsbemessungsgrenze hinterfragen. Da das den progressiven verlauf der Einkommsteuer untergräbt.
A
Anonym
sagt am 27. September 2024
Schwachsinn, dann müssten Alle genau gleich viele Stunden arbeiten und die selben Anstrengungen, sowie Strapazen erleiden. Willkommen im Kommunismus. Wer schreit denn am lautesten nach einem Sozialstaat?? Ist doch klar, wer.
E
Egon
sagt am 27. September 2024
Laut VdK müsstest Du doch nur Abgaben darauf zahlen, wenn Du die Wohnung vermietest, oder? Meiner Meinung nach, sollten Einkünfte aus „Nicht-Arbeit“ so besteuert werden wie Einkünfte aus Arbeit. Sonst geht die Schere wie bisher immer weiter auseinander.
T
Tobi1
sagt am 28. September 2024
Antwort auf Geralds Frage. Ich stimme Antony Werner und Egon zu, möchte dies aber noch ein bisschen weiter erläutern. Der Staat braucht zur Erfüllung seiner Aufgabe Geld. Das holt er sich über die Steuern. Der größte Teil über Steuern auf Einkommen. Einkommen gibt es mehrere: eigene körperliche Arbeit, Mieteinnahmen, Zinsen/Dividenden, Verkäufe (Aktien, Häuser usw.) usw. Jetzt stellt sich die grundsätzliche Frage ob alle Einkommen gleich besteuert werden sollen? Dazu gibt es die Aussage, dass bei Mieteinnahme, Zinsen und Dividenden der Staat auf Kapital zugreift welches schon einmal versteuert wurde. Dies sollte nicht sein. Auch ich bin eigentlich dieser Meinung, sehe aber die Konsequenzen wenn der Staat auf diese Steurn verzichten würde viel kritischer. Warum? Eine Nicht-Steuer auf Mieteinnahmen und Zinsen würde die Reichen seht stark bevorzugen. Man kann mit einigen Miethäusern und (mehreren) Millionen Guthaben gut leben ohne zu arbeiten. Wenn dann keine Steuern anfallen wäre man gegenüber einem Arbeiter, der nur seine Arbeitskraft hat, stark bevorzug. Der Arbeiter muss seine Arbeitskraft versteuern, etwas anderes hat (meist) nicht. Deshalb finde ich es ungerecht wenn Reiche nicht besteuert würden. Dies tröstet mich jedesmal wenn ich meine Abrechnungen über die Kapitalertragssteuer sehe. Wenn ich meine Gehaltsabrechnung sehe, bin ich sogar der Meinung, dass die Kapitalertragssteuer höher sein müsste. Immerhin bin ich für mein Gehalt 40 h/Woche arbeiten gegangen und mein Kapitaleinkommen erziele ich durch (fast) Nichts-Tun, indem ich andere für mich arbeiten lasse. Wenn die Besteuerung der Arbeit niedriger werden könnte, wären die Lohnnebenkosten geringen und die Arbeitenden würden mehr Netto vom Brutto erhalten, der Abstand zum Bürgergeld würde sich vergrößern, die Arbeit würde sich mehr lohnen und eine der unsäglichen Diskussionen in Deutschland würde zum Erliegen kommen, man könnte sich zielgerichteter über anstehende Probleme unterhalten….. ok, jetzt träume ich…
A
Anonym
sagt am 29. September 2024
Ich stimme dir in dem Punkt zu das die Regierung für die Erfüllung ihrer Aufgaben Geld braucht, was sie auch reichlich von ihren Bürgern kassiert. Der entscheidende Punkt ist aber, das zu viele Ausgaben nicht den Bürgern zu gute kommen. Wenn alle gezahlten Steuern wieder in die Bürger, die sie gezahlt haben, investiert werden würde, müsste man sich nicht über Steuererhöhungen oder neue Steuern unterhalten.
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