Decentralized Finance: Was steckt dahinter?

Markus Schmidt-Ott
Markus Schmidt-Ott
Stand: 26. Dezember 2021
Decentralized Finance oder kurz Defi hat in den vergangenen Monaten einen regelrechten Hype erfahren. Finanzdienstleistungen mithilfe der Blockchain zu dezentralisieren ist die Mission, die hinter den jeweiligen Technologien steckt. Wie das Ganze funktioniert und welche Fülle an Anwendungen es hier geben kann, erklären wir dir in diesem Artikel.

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Was du wissen solltest
  • Defi steht für Decentralized Finance, also dezentralisierte Finanzen.
  • Decentralized Finance bezeichnet Finanzprodukte, die auf der Blockchain basieren.
  • Theoretisch lassen sich mittels Defi sämtliche klassische Finanzprodukte dezentralisieren und in die Kryptowelt übersetzen.
  • Mithilfe von Smart Contracts lassen sich auf der Blockchain Finanzprodukte vor allem ohne eine vermittelnde Instanz wie zum Beispiel eine Bank oder eine Versicherung realisieren.
  • Auf diese Weise kann man beispielsweise Kryptowährungen verleihen, also Kredite vergeben oder sogar Hebelprodukte und Short-Produkte (mit denen man auf fallende Kurse setzen kann) erschaffen.

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So gehst du vor
  • Decentralized Finance ist bislang ein recht junger Anwendungsbereich in der Kryptowelt. Und daher noch mit einer gewissen Vorsicht zu genießen.
  • Insbesondere wenn besonders hohe Renditen versprochen werden, sollte man davon ausgehen, dass das Risiko ebenfalls entsprechend hoch ist.

Was ist Defi?

In der klassischen Finanzwelt funktionieren Transaktionen meist nur mit einem Mittelsmann: Um Geld zu überweisen, benötigt man eine Bank, um Aktien zu kaufen, eine Börse und um Essen zu bestellen, einen Lieferdienst.

Defi hingegen steht für “Decentralized Finance”, also dezentralisierte Finanzwirtschaft und soll genau diese vermittelnde Instanz im Bereich der Finanzdienstleistungen überflüssig machen. Somit kann man theoretisch mit Decentralized Finance sämtliche klassische Finanzprodukte nachbauen, wie zum Beispiel das Investieren, Vergeben und Aufnehmen von Krediten sowie die Konstruktion von Finanzderivaten zum Shorten oder Hebeln.

Dazu bedient man sich ähnlich wie bei Kryptowährungen” der Blockchain. Grundsätzlich ermöglicht die Blockchain es, Informationen dezentral von User zu User zu übermitteln. Die Transaktionen sind verifiziert: Das bedeutet, nur wer berechtigt ist, eine Transaktion zu tätigen, kann diese auch tätigen. Außerdem ist die Blockchain vollkommen transparent und für alle einsehbar.

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Die Bitcoin-Blockchain
Wenn du verstehen möchtest, wie eine Blockchain funktioniert, findest du in unserem Bitcoin-Handbuch einen anschaulichen Artikel zur Funktionsweise von Bitcoin.

Vor allem bekannt ist die Blockchain bisher aus dem Bereich der Kryptowährungen. In diesem Falle enthält eine Transaktion als Information, wie viele Coins von wem an wen überwiesen werden sollen. Aber die Blockchain kann noch mehr: Ein besonders spannendes Anwendungsszenario sind die Smart Contracts.

Was sind Smart Contracts?

Um zu verstehen, wie man auf der Blockchain verschiedene dezentrale Finanzprodukte aufbauen und betreiben kann, müssen wir einen weiteren Begriff definieren: Smart Contracts.

Ein Smart Contract ist eine Art digitaler Vertrag, der auf der Blockchain basiert. In der Regel lassen sich Verträge auf eine gewisse Logik herunterbrechen kann: Wenn A passiert, folgt daraus B. Zum Beispiel:

  • Wenn ein Produkt übergeben wird, erfolgt die Zahlung.
  • Wenn ein Termin eintritt, passiert ein Ereignis.
  • Wenn ein Vertragspartner etwas bestimmtes tut, tritt ein Ereignis ein.

So lassen sich aus Verträgen Wenn-Dann-Aussagen ableiten, die man in ein Computerprotokoll übersetzen und durch Smart Contracts automatisieren kann. Der Vertrag führt sich dann selbst aus, ohne dass ein Mensch aktiv werden muss.

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Beispiel aus der Praxis: Der Cola-Automat
Man wirft Geld in den Automaten ein und dieser entscheidet anschließend, was passiert:
  1. Es wurde zu wenig Geld eingeworfen und der Automat spuckt das Geld wieder aus.
  2. Der eingeworfene Betrag stimmt und eine Cola kommt raus.
  3. Oder es wurde zu viel Geld eingeworfen und Cola plus Wechselgeld kommen raus.
Dies ist ein simples Beispiel für einen Vertrag, der automatisch ausgeführt wird, ohne dass eine Verkäuferin oder ein Verkäufer vermittelt. Würde sich dieses Szenario hingegen am Kiosk abspielen, wäre der Verkäufer der “Smart Contract”, der verschiedene Bedingungen prüft und danach handelt.

Was können Smart Contracts?

Theoretisch kann man sämtliche rechtliche Beziehungen durch Smart Contracts lösen. Während man im Bereich der Kryptowährungen die Blockchain nutzt, um auf Banken zu verzichten, die Währungen ausgeben und Zahlungsströme organisieren, wird dieser zentrale Gedanke durch Smart Contracts noch weiter gefasst und auf sämtliche Geschäfte ausgedehnt.

So könnte man beispielsweise Kredite ohne eine Bank, Carsharing ohne Carsharing-Anbieter, Versicherungen ohne Versicherung oder das bestellen von Essen ohne einen zentralen Lieferdienst organisieren. Diese Geschäfte würden allesamt zwischen den Usern selbst geregelt werden.

Als ein simples, fiktives Anwendungsbeispiel kann man sich einen smarten Stromvertrag vorstellen, bei dem der Strom in Bitcoin bezahlt wird. Die beiden Vertragspartner sind ein Stromkunde und ein Stromerzeuger. Beim Stromerzeuger ist es egal, ob dieser ein großer kommerzieller Stromerzeuger ist oder eine Privatperson mit einer Solarzelle auf dem Dach. Mehr involvierte Instanzen, wie zum Beispiel eine Bank, über die die Zahlungen abgewickelt werden, wären dank eines Smart Contract nicht nötig.

Im Smart Contract ist definiert, wie viel Bitcoin pro Kilowattstunde Strom und in welchem Rhythmus bezahlt wird. Wird zu Hause eine Lampe eingeschaltet, also Strom verbraucht, fließt einerseits Strom vom Stromerzeuger zum Kunden. Und gleichzeitig fließt in Echtzeit (oder in einem bestimmten Rhythmus) die vereinbarte Menge Bitcoin zum Stromlieferanten. 

Es bedürfte dann also keiner monatlichen Abschlagszahlungen und Abrechnungen mehr. Und vor allem: Der zwischen Erzeuger und Kunde vermittelnde Stromanbieter wird nicht mehr benötigt.

Während die Bitcoin-Blockchain vor allem dazu konzipiert ist, Zahlungen abzuwickeln, ist die Ethereum Blockchain für Smart Contracts geeignet. Ein Vertrag kann beispielsweise über die Ethereum-Blockchain abgewickelt werden, während über die gleiche Blockchain in einer beliebigen Kryptowährung, also auch Bitcoin, bezahlt werden kann. Auch für die Bitcoin-Blockchain wird es in Zukunft sogenannte Second Layer Lösungen geben, die eine weitere Ebene über der eigentlichen Blockchain darstellen und somit dann ebenfalls für Smart Contracts geeignet sind.

Welches Problem lösen Smart Contracts?

Da die Blockchain komplett transparent ist - sprich jeder kann jede Transaktion einsehen - sind auch Smart Contracts völlig transparent. Dadurch ist es quasi nicht möglich, einen Vertrag zu brechen. Denn wird ein Vertrag gebrochen, bekommen das alle anderen User mit und das Vertrauen in den Vertragspartner dürfte verschwinden. Es gibt also für alle Beteiligten einen Anreiz, fair zu agieren und sich an die Regeln zu halten.

Ein weiterer Vorteil der Transparenz ist die Vergleichbarkeit der Konditionen, zu denen Verträge abgeschlossen werden. Während beispielsweise eine Bank die alleinige Kontrolle darüber hat, wem sie zu welchen Konditionen einen Kredit vergibt und Kreditnehmer nicht nachvollziehen können, ob andere Personen den gleichen Kredit zu den gleichen Bedingungen erhalten haben, ist das bei Smart Contracts anders. Durch die Transparenz ergeben sich gleiche Bedingungen für vergleichbare Situationen.

Darüber hinaus sind Smart Contracts für jeden zugänglich – vorausgesetzt man verfügt über die richtige Software, um sie zu nutzen.

Wie verbreitet ist Defi?

Der Defi-Markt ist riesig und wächst immer weiter. Während das Gesamtvolumen von Aktien oder Kryptowährungen durch die Marktkapitalisierung, also den gesamten Wert aller sich im Umlauf befindlichen Wertpapiere oder Tokens quantifiziert werden kann, bedient man sich beim Smart Contracts einer anderen Messgröße: Der “Total Value Locked”. Diese gibt an, wie viel Wert in Smart Contracts gebunden ist.

Während die Total Value Locked im Dezember 2020 laut Defi Pulse noch 23 Mrd. $ betrug, ist diese innerhalb eines Jahres auf 100 Mrd. $ im Dezember 2021 gestiegen. Dies entspricht einer Steigerung um 335%. 

Was wird durch Defi disrupted?

Anwendungen im Bereich Decentralized Finance kommen im Idealfall ohne jegliche vermittelnde Instanz aus. Sei es ein Mensch wie der Händler am Kiosk oder ein elektronisches Buchungssystem einer Bank: Diese werden durch Defi überflüssig. Zum Beispiel: 

  • Der Händler, der zwischen Erzeuger und Endverbraucher vermittelt
  • Die Bank, die zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer vermittelt
  • Die Versicherung, die zwischen den vielen Einzahlenden und Leistungsempfängern vermittelt
  • Verschiedenste Firmen, die in irgendeiner Weise zwischen zwei Seiten vermitteln: Zum Beispiel Lieferdienste, die zwischen Restaurant und Kunde vermitteln.

Die Realität sieht hingegen nicht immer ganz so ideal aus. Wo Defi drauf steht, ist nicht immer Dezentralität drin. So sind einige Anwendungen beispielsweise deswegen nicht dezentral, weil diese auf einer Plattform aufbauen könnten, die von einem Betreiber abhängig ist. Dieser könnte die Plattform abschalten, Updates implementieren oder die Spielregeln verändern. 

Beispiele von Defi-Anwendungen

Staking

In Blockchains, die auf dem Proof-of-Stake-Prinzip beruhen, kann man Coins der dazugehörigen Kryptowährung “staken”.

Dazu eine kurze Erklärung zu dem Proof-of-Stake-Prinzip: Um Transaktionen von Kryptowährungen zu validieren, muss man bestimmten Nutzern vertrauen, die diese Validierung vornehmen. Beim Bitcoin dient dazu das Mining. Miner müssen teure Rechenleistung aufwenden, um Transaktionen zu verifizieren. Haben sie ehrlich verifiziert, werden sie dafür entlohnt. Hier spricht man vom Proof-of-Work-Prinzip, denn um die Ernsthaftigkeit nachzuweisen, wendet man Arbeitsleistung auf.

Beim Proof-of-Stake-Prinzip hingegen wird keine Arbeitsleistung aufgewendet, um die eigene Ernsthaftigkeit nachzuweisen, sondern Vermögen einer Kryptowährung. Wer ehrlich validiert, erhält als Belohnung einen Zins und wer unehrlich agiert, verliert seinen Einsatz. Die zugrunde liegende Logik: Je mehr Vermögen man hinterlegt hat, desto eher hat man auch den Anreiz, das ganze System stabil am Laufen zu halten und sich an die Regeln zu halten.

Beim “Staking” sammelt nun jemand von verschiedenen Usern Coins einer Kryptowährung ein, um diese dann für die Verifizierung von Transaktionen zu nutzen und Belohnungen einzusammeln. Coins also von den Usern werden an einen Staking-Pool verliehen und diese einen Anteil an den Belohnungen, die damit erzielt werden. Perfekte Voraussetzungen also, um das Verhältnis zwischen Staking-Pool und einzahlendem einen Smart Contract automatisiert zu regeln.

Lending

Beim Lending wird ein klassisches Finanzprodukt in die Kryptowelt übersetzt: Der Kredit. 

Ähnlich wie bei P2P-Plattformen kann man Kryptowährungen verleihen und erhält dafür Zinsen. Oder man leiht sich Kryptowährungen und zahlt dafür Zinsen. Im Defi-Bereich verzichtet man aber idealerweise auf die vermittelnde Plattform, organisiert das Ganze dezentral und regelt die Verbindlichkeiten mit Smart Contracts.

Die Möglichkeit, Kryptowährungen zu verleihen, eröffnet wiederum Tür und Tor für eine ganze Reihe weiterer “Finanzprodukte”, die wir sind sonst nur aus der klassischen Fiat-Welt kennen: Derivate.

Shorting

Geliehene Coins kann man dazu nutzen, Kryptowährungen zu shorten, sprich auf fallende Kurse zu setzen. Dazu leiht man sich zunächst eine bestimmte Menge an Coins einer Kryptowährung. Diese Coins, die einem eigentlich gar nicht gehören, verkauft man zu einem bestimmten Kurs, zum Beispiel für 100€. In der Zwischenzeit fällt der Kurs der Kryptowährung auf 50€. Irgendwann wird der Kredit fällig, sprich man muss die geliehenen Coins dem Besitzer zurückzahlen. Dazu kauft man sich neue Coins für 50€ und gibt diese seinem Besitzer zurück. Zieht man Bilanz, hat man also durch den gefallenen Kurs 50€ Gewinn gemacht. Wäre hingegen der Kurs gestiegen, hätte man einen Verlust gemacht.

Auf diese Weise lassen sich dadurch dass es die Möglichkeit gibt, in Kryptowährungen Kredite aufzunehmen, Finanzprodukte erschaffen, in die man investieren kann, um bestimmte Kryptowährungen zu shorten.

Hebeln

Hebeln bedeutet, dass man die Kursbewegungen vervielfacht. Bei einem Kursgewinn erhält man also zum Beispiel bei einem doppelten Hebel den doppelten Gewinn. Bei einem Kursverlust aber wiederum den doppelten Verlust. 

Auch zum Hebeln muss man sich zunächst eine Kryptowährung leihen. Nehmen wir an, eine Person möchte 1.000 Coins investieren und diese so hebeln, dass sich der Gewinn oder Verlust jeweils verdoppelt. Dazu leiht diese sich weitere 1.000 Coins und investiert somit insgesamt die doppelte Summe: zur einen Hälfte eigenes Vermögen und zur anderen Hälfte geliehenes. Folglich bekommt man dafür auch die doppelte Rendite, von der man jedoch noch die Zinsen für den Kredit abziehen muss. Am Ende verkauft die Person die investierten Coins wieder, behält den erzielten Gewinn für sich und tilgt den Kredit. 

Das Ganze ist natürlich nicht ohne Risiko. Wenn sich der Kurs nicht in die gewünschte Richtung bewegt, hat man am Ende weniger übrig als den eigentlichen Kredit und muss drauf zahlen. Insbesondere, wenn der Kurs plötzlich einstürzt, könnte der Kreditgeber unruhig werden und könnte verlangen, dass der Kredit ganz oder teilweise getilgt wird. Dies wird in der Finanzwelt auch als ein sogenannter “Margin Call” bezeichnet. In diesem Falle müsste man die Investition zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt verkaufen, um den Kredit tilgen zu können.

Optionen

Auch Optionen lassen sich mittels Smart Contracts aus der klassischen Finanzwelt in die Welt der Decentralized Finance übersetzen. Denn Optionen sind nichts anderes als Verträge, die irgendwann fällig werden. Beispielsweise könnte man sich mit seinem Gegenüber vertraglich auf den Kauf bestimmter Coins zu einem fest definierten Kurs einigen. Die Option wird dann entweder fällig, wenn man sie ausübt oder zu einem fest definierten Zeitpunkt – je nachdem, was man vereinbart hat.

Stablecoins

Ein Stablecoin ist ein Coin, der immer einen festen Wert hat. Ein Tether beispielsweise ist immer einen Dollar wert. Und das funktioniert zum Beispiel so:

  1. Man tauscht Dollar gegen den Stablecoin und erhält gleichzeitig das Versprechen, den Coin jederzeit wieder zum gleichen Kurs zurücktauschen zu können.
  2. Es macht deswegen gar keinen Sinn, den Coin zu einem anderen Wert zu handeln.
  3. Solange man darauf vertrauen kann, dass man den Stablecoin zu einem bestimmten Kurs zurück tauschen kann, bleibt der Kurs stabil.

Bei dem Stichwort “Vertrauen” gelangen wir zu Smart Contracts. Denn dieses Vertrauen lässt sich herstellen, indem man durch einen Smart Contract die Verbindlichkeiten in einem Vertragsverhältnis automatisch regelt. 

Dezentrale Kryptobörsen

Kryptowährungen sind zwar dezentral, die “klassischen” Kryptobörsen hingegen nicht. Sie sind zentrale Plattformen von einem bestimmten Betreiber. Dieser legt die Regeln und Gebühren fest, führt das Handelsbuch und bringt Käufer- und Verkäufer zusammen. Nutzer sind also darauf angewiesen, dem Betreiber der Kryptobörse zu vertrauen.

Wenn Smart Contracts in der Lage sind, die vermittelnde Instanz zu eliminieren, dann ist es auch möglich, eine Kryptobörse ohne Börsenbetreiber zu betreiben. An sich sind die Verhältnisse, die an dieser Stelle durch Smart Contracts geregelt werden müssen, denkbar einfach: Person A gibt Person B eine Kryptowährung und erhält dafür automatisch eine andere Kryptowährung von Person B nach einem festgelegten Wechselkurs. Die Realität ist natürlich deutlich komplexer.

Als User kann man auf zwei verschiedene Arten von dezentralen Kryptobörsen profitieren. Zum einen kann man die Kryptobörse nutzen und dort Kryptowährungen tauschen. Zum anderen kann man durch sogenanntes Liquidity Mining profitieren.

Liquidity Mining

Damit eine Kryptobörse reibungslos funktioniert und man jederzeit die angebotene Kryptowährung handeln kann, muss diese eine gewisse Reserve (man spricht auch von Liquidität) der gehandelten Währungen bereithalten. Da es jedoch keinen zentralen Betreiber gibt, der dazu ein gewisses Vermögen vorhalten kann, tragen User zu dieser Liquidität bei und können Kryptowährungen “einzahlen”. Als Gegenleistung erhalten diese dann einen Teil der durch die Börse eingenommenen Gebühren. 

Es ist also ein bisschen ähnlich wie beim Staking oder Lending: Man verleiht Coins und erhält dafür einen Zins.

Versicherungen und vieles mehr

Zwar gibt es hier noch keine besonders überzeugende Nutzungsszenarien, doch theoretisch lassen sich auch Versicherungen und viele andere Finanzdienstleistungen durch decentralized Finance abbilden. Im Falle der Versicherung könnte zum Beispiel die Versicherung durch Smart Contracts eliminiert werden, indem alle Mitglieder der Versicherung gemeinschaftlich für bestimmte Schadensfälle haften. Auf viele Schultern verteilt ergibt sich bei einem hohen finanziellen Schaden dann für die einzelnen Mitglieder jeweils nur eine kleine Summe, die bezahlt werden muss. Und im Gegenzug erhält man ebenfalls eine Leistung, wenn man selbst einmal zu Schaden kommt.

Risiken

Natürlich ist die Nutzung von Defi-Anwendungen nicht ohne Risiko. Insbesondere in dem recht neuen und stark wachsenden Markt gesellen sich neben sinnvolle und seriöse Anwendungen auch unseriöse Trittbrettfahrer oder Anwendungen, die noch nicht ausgegoren sind.

Grenzen der zugrunde liegenden Blockchain

Jede Blockchain kann nur eine bestimmte Anzahl an Transaktionen pro Minute und nur eine bestimmte Blockgröße handhaben. Gerade die Ethereum-Blockchain ist zwar so konzipiert, dass diese eine große Zahl an Transaktionen abwickeln kann. Aber auch hier ist es schon vorgekommen, dass die Blockchain “congested”, also verstopft war. Was passiert dann?

Transaktionen dauern etwas länger: Es kann eine gewisse Wartezeit geben, bis eine Transaktion durchgeführt wird. Wenn eine Transaktion wichtig oder zeitkritisch ist, muss die Transaktionsgebühr erhöht werden, damit diese mit einer höheren Priorität durchgeführt wird. Die Kosten der Anwendung steigen also. Bei bestimmten Smart Contracts kann es zudem vorkommen, dass Transaktionen in einem bestimmten Zeitfenster durchgeführt werden müssen und ansonsten Fehlfunktionen drohen können.

Durch sogenannte Second Layer Protokolle, die auf die eigentliche Blockchain aufgesetzt werden und diese nicht beanspruchen, kann diese jedoch entlastet werden. Insbesondere Ethereum arbeitet mit seinem Ethereum 2.0 Upgrade an der Skalierbarkeit der Blockchain.

Technische Komplexität

Zwar können Smart Contracts sehr simpel gestaltet sein, aber je nach Anwendung kann es auch sehr komplex werden. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit für Fehlfunktionen. Eine automatische Ausführung ohne dass ein Mensch drüber schaut, kann zu ungewollten, verketteten Ereignissen führen, die nicht mehr reversibel sind.

Admin-Risiko

Sogenannte DApps – das sind die Anwendungen, die Smart Contracts ausführen, können von den Entwicklern gestoppt oder verändert werden. Insbesondere bei Anwendungen, die nicht vollkommen dezentral sind, ist dieses Szenario möglich.

Kontrahentenrisiko

Gerade beim Staking und Lending kann es passieren, dass die Person, der man seine Coins ausleiht, zahlungsunfähig wird oder auf irgendeine Weise ihr Unwesen damit treibt. Dieses Risiko sollte man nicht unterschätzen. Denn Smart Contracts können einen nicht davor schützen.

Steuer

Kryptowährungen sind im Vergleich zu “klassischen” Kapitalerträgen steuerlich deutlich bessergestellt: Wenn man Coins nach mindestens einem Jahr gewinnbringend verkauft, ist der Gewinn steuerfrei.

Aber Achtung: Das gilt nur, wenn man mit den betreffenden Coins während der Haltedauer nicht irgendwie noch zusätzlich Gewinne erzielt hat.

Wenn du mit deinen Coins Staking oder Lending betrieben hast, erhöht sich diese Frist von einem Jahr auf 10 Jahre. Auch die Gewinne, die man durch Staking oder Lending erwirtschaftet, müssen versteuert werden.

CakeDefi: Was ist davon zu halten?

CakeDefi ist eine in Deutschland besonders viel diskutierte und umstrittene Plattform. Diese ermöglicht es den Usern mit ihre für Staking, Lending und Liquidity Mining zur Verfügung zu stellen. Dafür werden Renditen von bis zu 100% pro Jahr angeboten.

Dass solch hohe Renditen nicht ohne ein erhebliches Risiko erzielt werden können, versteht sich von selbst. So werden zum Beispiel die Renditen nur in den hauseigenen DFI-Tokens gezahlt. Der Haken: Es gibt nur sehr wenige Plattformen, bei denen man DFI-Tokens wieder in gebräuchliche Kryptowährungen tauschen kann.

Zudem erhält man als User keine Garantie dafür, dass DFI-Tokens einen Wert haben oder diesen behalten. Ob man also den Gewinn, der auf dem Papier erzielt wurde, jemals auch realisieren kann, könnte durchaus Glückssache sein. Der Wert der DFI-Tokens hängt nämlich vom Erfolg von CakeDefi ab und der Erfolg von CakeDefi wiederum vom Marktwert der Tokens. Diese verketteten Abhängigkeiten sind mit großer Vorsicht zu genießen.

Darüber hinaus ist die Plattform nicht wirklich dezentral und nicht gemeinschaftlich kontrolliert, wie man es bei Krypto-Anwendungen erwartet.