Kapitelübersicht
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Strategie & Portfolio
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ETF-Auswahl

ETFs und Steuern: Steuerliche Aspekte beim Investieren
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- ETF-Erträge unterliegen der Kapitalertragsteuer in Höhe von 25%. Hinzu kommen Solidaritätszuschlag (5,5% auf die Steuer) und eventuell Kirchensteuer.
- Besteuert werden Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne.
- Als Quellensteuer wird die Kapitalertragsteuer direkt von den Depotanbietern einbehalten.
- Der Sparerpauschbetrag ist dein jährlicher Freibetrag und beträgt 1.000€ bzw. 2.000€ für Ehepaare pro Jahr. Um ihn direkt zu berücksichtigen, sollte beim Depot unbedingt ein Freistellungsauftrag gestellt werden.
- Für thesaurierende ETFs wird die Steuer auf Basis der Vorabpauschale berechnet.
- Eine kluge Kombination aus ausschüttenden und thesaurierenden ETFs kann langfristig Steuern sparen.
- Ehepartner sollten immer getrennte Depots führen, um nicht bei der Geldanlage von der Schenkungssteuer betroffen zu sein.
ETFs und Steuern: Kein Grund zum Kopfzerbrechen
Viele Anleger sind eingeschüchtert davon, sich mit den zu entrichtenden Steuern auseinanderzusetzen, wenn es um ETFs und ähnliche Investments geht. Dabei sind die Regeln relativ einfach und sollten niemanden davon abhalten, in ETFs zu investieren, insbesondere, weil sie automatisch vom deutschen Depotanbieter eingezogen werden – bei ausländischen Depots funktioniert dies anders.
Dieser Ratgeber soll einen Überblick verschaffen und die Angst vor der Thematik vermindern, gerade bei komplexen Steuersituationen kommt man aber trotzdem oft nicht umhin, einen Steuerberater zurate zu ziehen.
Einen Einblick in die Welt der Steuern bei ETFs bietet auch unser Video zum Thema:
Welche Steuern fallen bei der Geldanlage in ETFs an?
Die Steuern bei Geldanlagen in ETFs setzen sich aus drei Komponenten zusammen. Insgesamt betragen sie derzeit 26,375% + Kirchensteuer.
Kapitalertragsteuer 25%
Die Kapitalertrags- oder auch Abgeltungssteuer beträgt derzeit pauschal 25%. Sie ändert sich also nicht mit der Höhe der zu versteuernden Erträge. Sie ist eine sogenannte Quellensteuer, was bedeutet, dass sie direkt dort abgeschöpft wird, wo die Kapitalerträge entstehen, also in diesem Fall beim Depot bzw. Broker. Dies hat für Anleger den Vorteil, dass sie diese Steuer auf jeden Fall bezahlen und sich nicht unbedingt Gedanken über eine Steuererklärung machen müssen.
Solidaritätszuschlag (Soli) 5,5%
Der vielfach kritisierte Solidaritätszuschlag gilt weiterhin für Anleger. Während er für Niedrigverdiener zu Anfang 2021 abgeschafft werden soll, bleibt er für Kapitalerträge weiterhin bestehen. Der Satz des Solis liegt bei 5,5% auf 25%, was 1,375% ergibt.
Eventuell Kirchensteuer von 8% bzw. 9%
Wer kirchensteuerpflichtig ist, da er Mitglied einer religiösen Gemeinschaft ist, die diese durch den Staat erheben lässt, bezahlt je noch einmal 8% (Bayern und Baden-Württemberg) oder 9% (alle weiteren Bundesländer) auf die zu entrichtende Kapitalertragsteuer. Es ist möglich, durch einen Sperrvermerk beim Bundeszentralamt für Steuern zu erwirken, dass die Religionszugehörigkeit nicht an die betreffenden Banken weitergegeben und damit die Kirchensteuer nicht automatisch eingezogen wird.
Worauf genau fallen Steuern bei ETFs an?
Diese Frage ist zentral, da sie gerade bei hohen Kapitalerträgen einen großen finanziellen Unterschied machen und demnach die Wahl des ETFs bzw. Anlageprodukts beeinflussen kann.
Die Kapitalertragsteuer fällt pauschal auf diese drei Arten von Kapitalerträgen an:
Zinsen: Also zum Beispiel Zinserträge vom Festgeldkonto
Dividenden: Beispielsweise aus Dividenden-ETFs
Realisierte Kursgewinne: Z. B. durch eine Aktie, deren Verkaufspreis höher ist als ihr Kaufpreis
Wie sich das auf die verschiedenen ETF-Arten wie ausschüttende und thesaurierende ETFs auswirkt, erklären wir weiter unten.
Freibetrag bei Kapitalanlagen: Der Sparer-Pauschbetrag
Wie bei vielen anderen Steuermodellen gibt es auch bei der Kapitalertragsteuer einen Freibetrag. Dieser nennt sich Sparer-Pauschbetrag.
Der Sparer-Pauschbetrag liegt bei 1.000€ für Einzelpersonen und 2.000€ für Ehepaare pro Jahr. Es ist möglich, diesen Betrag über verschiedene Finanzinstitute aufzuteilen. Es gilt hierbei das Zuflussprinzip. Die Steuern auf die über den Sparer-Pauschbetrag hinausgehenden Kapitalerträge werden also dann fällig, wenn sie entstehen.
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Wer vergessen hat, einen solchen Freistellungsauftrag zu stellen, kann sich die Steuern auch noch im Nachhinein per Steuererklärung vom Finanzamt zurückholen. Dies kostet aber unnötig Zeit und ist sehr viel aufwändiger, als den Freistellungsauftrag einzurichten.
Zusätzlicher steuerlicher Vorteil: Die Teilfreistellungsquote bei ETFs
Neben dem Sparerpauschbetrag ist seit der Investmentsteuerreform 2018 und -19 ein Teil des Investitionsvolumens steuerlich freigestellt. Wie viel freigestellt wird, das bestimmt die sogenannte Teilfreistellungsquote. Sie gilt sowohl bei Ausschüttungsgewinnen als auch bei der Vorabpauschale.
Die Höhe der Teilfreistellungsquote bemisst sich an der Zusammensetzung des betroffenen Fonds. Ab einem Aktienanteil von über 50% werden beispielsweise ganze 30% der Ausschüttungen von der Steuer freigestellt.
Fondsart | Zusammensetzung | Teilfreistellungsquote |
---|---|---|
Immobilienfonds | ≥51% Immobilien | 60% |
Aktienfonds | ≥51% Aktienanteil | 30% |
Mischfonds | ≥25% Aktienanteil | 15% |
Mischfonds | <25% Aktienanteil | 0% |
Für ETFs, die den Kapitalmarkt komplett synthetisch durch Tauschgeschäfte nachbilden, sogenannte fully funded Swap-ETFs, gilt die Teilfreistellungsquote übrigens nicht. Sie bezieht sich nämlich auf echte Kapitalbeteiligungen am Markt. Fully funded Swaps sind aber auf dem ETF-Markt eher selten anzutreffen.
Geringverdiener: Steuerfrei dank Nichtveranlagungs-Bescheinigung
Da die Kapitalertragsteuer bei 25% liegt, ist sie für manche Gruppen wie Studenten oder Geringverdiener höher als der persönliche Grenzsteuersatz, der auf das Einkommen bezahlt wird. Um das auszugleichen, gibt es die Möglichkeit einer Nichtveranlagungs-Bescheinigung (auch: NV-Bescheinigung). Diese lässt sich beim Finanzamt beantragen. Wer eine solche Bescheinigung ausgestellt bekommen hat, muss gar keine Kapitalertragsteuer entrichten.
Vorabpauschale und ETFs
Durch die Investmentsteuerreform gibt es seit Anfang 2019 die sogenannte Vorabpauschale, die darauf zielt, die steuerliche Balance zwischen thesaurierenden und ausschüttenden Fonds bzw. ETFs wiederherzustellen.
Vorher waren thesaurierende ETFs von großem Vorteil, weil bei diesen der Steuerabzug ausschließlich bei Realisierung der Erträge vorgenommen wurde. Dadurch konnte es zum sogenannten Stundungseffekt kommen. Dieser entsteht, wenn sich Aufschub der Steuerzahlung bis zur Realisierung der Erträge (also zum Beispiel dem Verkauf der ETFs) für die Anleger mithilfe des Zinseszinseffektes stark auszahlt.
Die Vorabpauschale versucht das auszugleichen. Begrenzt ist sie dadurch, dass sie nur anfällt, wenn sie niedriger ist als der Wertzuwachs des Fonds, für den sie berechnet wird. Das bedeutet, dass auf ETFs ohne Wertzuwachs oder sogar mit Verlust keine Vorabpauschale und somit Steuern anfallen.
Die Vorabpauschale ist die Berechnungsgrundlage für die Besteuerung von vor allem thesaurierenden ETFs. Sie wird aus dem Wertzuwachs des Fonds, einem Anteil des Basiszinses der Bundesbank und der jeweiligen Teilfreistellung je nach Fondsart berechnet. Mit unserem Vorabpauschale Rechner lässt sich das ganz einfach kalkulieren.
Was ist steuerlich besser: ausschüttend oder thesaurierend?
Da die Vorabpauschale mit einem fiktiven Wertzuwachs rechnet und der durch die Deutsche Bundesbank festgelegte Basiszins für das Jahr 2022 negativ war, gibt es im Jahr 2023 keine Steuerabzüge auf thesaurierende ETFs. Deswegen greift der Stundungseffekt nach wie vor und kann sie für langfristige Anleger sehr attraktiv machen.
Durch den Sparerpauschbetrag eröffnet sich aber auch die Möglichkeit für Anleger, durch smartes Investieren sich eine Kombination aus steueroptimierten ausschüttenden und thesaurierenden ETFs zunutze zu machen. Einmal durch den Sparerpauschbetrag (1.000 bzw. 2.000€), denn steuerbefreite Fondseinkünfte werden nicht noch einmal besteuert – zum Beispiel beim endgültigen Verkauf. Deswegen ist es sinnvoll, den Sparerpauschbetrag durch die Nutzung ausschüttender ETFs voll auszunutzen. Viele Broker bieten eine automatische Wiederanlage an, wodurch der ausschüttende ETF seine Erträge durch den Sparerpauschbetrag deckt und trotzdem den Zinseszinseffekt eines thesaurierenden ETFs bietet.
Diese steueroptimierte Art des Anlegens lohnt sich vor allem für ETF-Anfänger und kleinere Kapitalerträge – eben bis zum vollen Ausreizen des Sparerpauschbetrages. Alles darüber hinaus kann dann noch in thesaurierenden ETFs angelegt werden. Besonders vorteilhaft für ETF-Anleger ist also eine kluge Kombination aus ausschüttenden und thesaurierenden ETFs.
Beispielrechnung: Kluges, steueroptimiertes Investieren
Ein Beispiel: Eine Investorin möchte 100.000€ in ETFs anlegen und erwartet eine Rendite von 7% (die der Einfachheit halber auch eintreffen wird). Zur Auswahl stehen ihr ein ausschüttender und ein thesaurierender ETF. Der ausschüttende ETF hat eine Ausschüttungsrendite von 2%. Um den Sparerpauschbetrag voll auszunutzen, legt sie 71.428€ in ausschüttende ETFs an. Dabei wird berücksichtigt, dass Gewinne aus Aktien-ETFs nur zu 70% besteuert werden müssen. Hier aktiviert sie die automatische Reinvestition bei ihrem Online-Broker und richtet sich einen Freistellungsauftrag über die gesamte Höhe des Sparerpauschbetrags ein – das sind 1.000€.
Dadurch gehen die Zinserträge des ausschüttenden ETFs in Höhe von 1.000€ durch den Steuerzyklus, sie sind steuerfrei, und werden später, in 40 Jahren, wenn sie das Geld für ihre private Altersvorsorge verwenden möchte, nicht noch einmal besteuert. Den Rest ihres Kapitals, also 28.572€, legt sie in einen thesaurierenden ETF an. Für das Jahr 2023 wird ihr keine Kapitalertragsteuer per Vorabpauschale abgezogen. Natürlich kann man in der Realität die Dividendenerträge nicht voraussagen und muss gelegentlich per Rebalancing nachjustieren, im Großen und Ganzen kann aber diese Methode einiges an Steuern sparen – unsere smarte Investorin macht es vor.
Schenkungssteuer bei ETF-Depots vermeiden
Für (Ehe-)Paare stellt sich die Frage, ob die Partner ein Gemeinschaftsdepot oder zwei Einzeldepots eröffnen sollen. Da beim Gemeinschaftsdepot die Schenkungssteuer ins Spiel kommen kann, lautet die Empfehlung ganz klar: Immer zwei getrennte Depots eröffnen.
Für Ehepaare gilt ein Schenkungssteuer-Freibetrag von 500.000€ in einem Zeitraum von 10 Jahren. Für nicht verheiratete Paare sind es lediglich 20.000€. Ein gemeinschaftlich geführtes Depot (dasselbe gilt aber auch für Girokonten) wird vom Finanzamt als Schenkung verstanden, was unangenehme steuerliche Folgen nach sich ziehen kann. Immerhin kann diese in Extremfällen bis zu 50% betragen.
Deswegen ist der sinnvolle Weg, zwei getrennte Depots zu eröffnen und sich bei Bedarf gegenseitig Vollmachten auszustellen. Dadurch haben die Partner Zugriff auf das jeweilige andere Depot, aber der Schenkungssteuer-Freibetrag wird nicht angetastet.
ETFs und Steuern zusammengefasst
Als Fazit kann man feststellen, dass es gar nicht so eine große Herausforderung ist, das Thema ETFs und Steuern durchzuarbeiten. Man sollte es sogar unbedingt tun, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.
Die Kapitalertragsteuer liegt bei 25%, hinzu kommen noch einmal 1,375% Soli und eventuell Kirchensteuer. Sie wird auf Zinsen, Dividenden und realisierte Kursgewinne erhoben. Als Quellensteuer wird die Kapitalertragsteuer direkt an der Quelle, also vom Depotanbieter eingezogen. Deswegen solltest du einen Freistellungsauftrag einrichten, um den steuerlichen Freibetrag – genannt Sparerpauschbetrag – in Höhe von 1.000€ für Singles bzw. 2.000€ für Ehepaare auszunutzen.
Die Vorabpauschale wird vor allem auf thesaurierende ETFs fällig. Da dieser insbesondere durch derzeit niedrigen Grundzins derzeit gering ist, ergibt sich trotzdem ein Stundungseffekt für Anleger. Eine kluge Kombination aus ausschüttenden ETFs mit automatischer Wiederanlage und thesaurierenden ETFs für hohe Investitionen kann sinnvoll sein, um nachhaltig Steuern zu sparen.