Bis dass der Steuertarif euch scheidet
Nur die Liebe zählt? Weit gefehlt. Fast ein Viertel der 16- bis 29-Jährigen möchte sich in erster Linie das Ja-Wort geben, um mehr Geld auf dem Konto zu haben, glaubt man einer Umfrage des Modemagazins „Stylebook“. Das kann man unromantisch finden – oder aber raffiniert: Denn tatsächlich bringt die Ehe einige finanzielle Vorteile, sie reichen von Steuererleichterungen über höhere Erbschaften bis hin zu kostenlosen Versicherungen. Doch Vorsicht: Passt man nicht auf, kann die Ehe die finanzielle Unabhängigkeit kosten. Wie man die Vorzüge ausnutzt, sodass beide profitieren.
Mehrere Tausend Euro Steuern sparen
Sie ist die prominenteste und zugleich umstrittenste Regelung im deutschen Steuerrecht: das Ehegattensplitting. Wer nicht aktiv widerspricht, wird nach der Hochzeit automatisch gemeinsam veranlagt und anschließend nach dem sogenannten Splittingverfahren besteuert. Das funktioniert so: Beide zu versteuernden Einkommen werden addiert und anschließend durch zwei geteilt, also „gesplittet“. Auf dieses halbierte Einkommen berechnet das Finanzamt die Steuer und verdoppelt sie im nächsten Schritt. Im Grunde wird also so getan, als hätten beide Partner exakt das Gleiche verdient. Dadurch kann der besserverdienende Partner seinen Steuersatz unter Umständen erheblich senken. Der Partner mit dem geringeren Einkommen wird dagegen effektiv stärker besteuert. Unterm Strich ergibt sich für das Paar (insgesamt) aber eine Entlastung. Doch wie hoch ist die?
Das lässt sich leicht ausrechnen: Nehmen wir an, Partner A kommt im Jahr auf ein zu versteuerndes Einkommen von 70.000€, bei Partner B sind es 30.000€. Die beiden entscheiden sich für die gemeinsame Veranlagung, sodass ihre Einkommen zunächst addiert (70.000 + 30.000 = 100.000€) und anschließend geteilt werden (100.000 / 2 = 50.000). Für diese 50.000€ gilt 2024 im normalen Steuer-Grundtarif ein Durchschnittssteuersatz von 21,81%, was einer tatsächlichen Steuerlast von 10.906€ entspricht. Kleiner Einschub: Ermitteln lässt sich der eigene Steuersatz zum Beispiel im Steuerrechner des Finanzministeriums. Im Splittingverfahren wird diese Steuer nun verdoppelt. Gemeinsam muss das Paar also 21.812€ an Steuern zahlen. Das ist etwas weniger, als wenn sich die beiden einzeln veranlagen lassen würden: Partner A (70.000€) hätte in dem Fall 18.876€ zahlen müssen und Partner B (30.000€) 4.446€. Insgesamt hätte die Steuerschuld bei einzelner Veranlagung 23.322€ betragen und damit 1.510€ mehr als im Splitting-Modell. Je größer das Gefälle zwischen den Einkommen, desto stärker fällt die Erleichterung aus. Am höchsten ist die Erleichterung, wenn einer von beiden sehr viel verdient und der andere überhaupt nichts.
Steuerklassen-Kombi bringt (für den Moment) mehr Netto
Dazu erhoffen sich viele gemeinsam veranlagte Paare Erleichterungen durch die Kombination der Steuerklassen. Bei der Steuerklassen-Kombi 3 / 5 beispielsweise (die in den kommenden Jahren nach Plänen der Bundesregierung abgeschafft werden soll) rutscht der Partner mit dem höheren Einkommen in die Steuerklasse 3, während der schlechter verdienende Partner der Steuerklasse 5 zugeteilt wird. Dadurch wird das höhere Einkommen während des Jahres deutlich geringer und das niedrigere sehr viel stärker besteuert, als wenn beide Partner ledig oder einzeln veranlagt wären. Konkret wird hierbei der Freibetrag des schlechter verdienenden Partners dem des Hauptverdieners zugerechnet. Insgesamt ergibt sich dadurch eine geringere Steuerlast – doch das nur auf den ersten Blick.
An der eigentlichen Steuerschuld des Paares ändert sich langfristig nichts. Vom Bruttogehalt muss am Ende genauso viel abgegeben werden wie in jeder anderen Steuer-Kombination, nur wird die Last anders verteilt. Paare mit der Steuer-Kombi 3 / 5 bekommen aus ihrer Anstellung zwar jeden Monat netto mehr überwiesen. Dafür müssen sie im nächsten Jahr mit Nachzahlungen rechnen, während sich andere Paare zu viel gezahlte Steuern zurückholen können. Was soll das Ganze also?
An dem, was jeden Monat netto aufs Konto überwiesen wird, orientieren sich verschiedene Leistungen, darunter etwa das Elterngeld oder das Kurzarbeitergeld. Je höher das letzte Nettoeinkommen war, desto höher fallen auch die Bezüge aus.
Weniger Steuern auf Aktiengewinne
Auch vor dem Finanzamt können sich Ehepaare und eingetragene Lebenspartner besser stellen als Singles. Denn mit der Hochzeit verdoppelt sich der Freibetrag für Kapitalerträge. Konnte bislang jeder Partner einzeln 1.000€ an Gewinnen aus Aktien oder anderen Geldanlagen steuerfrei einnehmen, erhöht sich der Betrag nach der Hochzeit auf zusammen 2.000€. In einigen Ehen wird das keinen großen Unterschied machen, etwa wenn beide Partner in etwa die gleiche Anlagestrategie fahren und in etwa gleich stark den Sparerpauschbetrag ausnutzen. Sparen lässt sich auch hier, wenn das Gefälle möglichst groß ausfällt, sich also beispielsweise nur eine Person regelmäßig Gewinne ausschütten lässt. Schauen wir uns auch das in einem Beispiel an:
Angenommen, Partner A zahlt sich jedes Jahr Aktiengewinne in Höhe von 5.000€ aus, während Partner B sein Depot über Jahre nicht anrührt. Vor der Hochzeit hätte Partner A 4.000€ der 5.000€ mit 26,38% versteuern müssen (Kapitalertragsteuer + Soli), demnach also 1.055€ Steuern auf seine Erträge zahlen müssen. Nach der Hochzeit sind es mit dem Freibetrag von 2.000€ nur noch 791€. Partner A spart durch die Ehe also 264€ an Steuern.
Recht auf Hinterbliebenen-Rente
Man mag es nicht hoffen, doch scheidet tatsächlich der Tod die Ehe, kann für den verbliebenen Partner unter Umständen die finanzielle Existenz auf dem Spiel stehen. Die deutsche Rentenversicherung hat für diesen Fall verschiedene Sicherungsnetze geschaffen, die den hinterbliebenen Partner davor schützen sollen. Darunter etwa die Witwen- oder Witwerrente. Wie hoch die Ansprüche ausfallen, hängt vom Alter des Hinterbliebenen sowie vom Zeitpunkt der Hochzeit ab. Wurde die Ehe nach dem Jahr 2002 geschlossen und ist der verbliebene Partner jünger als 47, wird die „kleine“ Witwen- / Witwerrente ausgezahlt, das aber in aller Regel nur für zwei Jahre. Der Staat geht davon aus, dass nach diesem Zeitraum der Lebensunterhalt wieder allein bestritten werden kann. Im Falle einer Erwerbsminderung, wenn minderjährige Kinder im Haushalt leben oder der verbliebene Partner älter ist als 47 Jahre, gilt die große Witwen- / Witwerrente. In dieser sind die Ansprüche nicht nur höher, sie werden auch unbegrenzt ausgezahlt. Allerdings stoppen die Zahlungen, sobald noch einmal geheiratet wird.
Ein Recht auf Absicherung haben unter Umständen auch Geschiedene, zum Beispiel, wenn diese ein minderjähriges Kind erziehen. Man spricht in dem Fall von der „Erziehungsrente“.
Ehepartner erben per Gesetz das meiste
Solange in einem Ehevertrag nichts anderes vereinbart wird, rutschen Paare mit der Hochzeit automatisch in eine sogenannte Zugewinngemeinschaft. Kurz gesagt bedeutet das: Jeder Partner behält sein Anfangsvermögen, die Güter bleiben also über die Ehe hinweg getrennt. Lediglich solche Einkünfte, die während der Ehe hinzukommen (Zugewinne), werden geteilt. Beispielsweise können sie benutzt werden, um nach einer Scheidung Ausgleichsansprüche zu bedienen.
Das Modell Zugewinngemeinschaft hat aber auch Einfluss darauf, wie viel beim Tod des Partners vererbt wird. Falls nicht anders in einem Testament geregelt, erben Hinterbliebene (ohne Kinder) in einer Zugewinngemeinschaft drei Viertel des Nachlasses. Mit Kindern reduziert sich der Anteil auf die Hälfte des Nachlasses.
Höchste Freibeträge bei Erbe oder Schenkung
Gibt es etwas zu vererben, gelten für Ehepartner unter allen Hinterbliebenen die höchsten Freibeträge. Während Kinder beispielsweise 400.000€ steuerfrei durch Erbe oder Schenkung erhalten können und Enkelkinder 200.000€, müssen Ehepartner erst Vermögen über 500.000€ versteuern lassen. Wird diese Grenze überschritten, gelten für Eheleute außerdem – genau wie für Kinder und Enkel – vergleichsweise niedrigere Steuersätze. Sie werden automatisch nach der Steuerklasse 1 besteuert und zahlen dadurch zwischen 7% und 30% Erbschaftssteuer auf das Vermögen, welches den Freibetrag von 500.000€ überschreitet. Der genaue Steuersatz richtet sich nach der Höhe des Nachlasses. Lediglich 7% Steuern müssen beispielsweise auf Nachlässe von bis zu 75.000€ gezahlt werden, das heißt: Werden 570.000€ vererbt, müssen lediglich die 70.000€ mit 7% versteuert werden. Der Steuersatz von 30% gilt erst ab einem zu versteuernden Nachlass von mehr als 26 Mio. Euro.
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs bis … € | Steuersatz in Steuerklasse I (Ehepartner, Kinder, Enkel) |
---|---|
75.000€ | 7% |
300.000€ | 11% |
600.000€ | 15% |
6.000.000€ | 19% |
13.000.000€ | 23% |
26.000.000€ | 27% |
über 26.000.000.€ | 30% |
Familienversicherung bei geringem Einkommen
Der Hafen der Ehe kann manchmal die Krankenversicherung verbilligen. Zum Beispiel, wenn es einen Hauptverdiener gibt und der Zweite gar nicht oder nur geringfügig beschäftigt ist. In dem Fall kann sich die Person mit dem schlechteren Gehalt unter Umständen beim Besserverdiener kostenlos mitversichern lassen. Statt zwei Beiträgen muss in der Familienversicherung nur noch ein Krankenversicherungsbeitrag gezahlt werden. Das kann vor allem deshalb eine Menge Geld sparen, weil sich Minijobber (bis zu 505€ Monatseinkommen) grundsätzlich selbst um ihre Krankenversicherung kümmern müssen, das heißt: ohne Zuschüsse des Arbeitgebers. Auch Kinder können übrigens umsonst in der gesetzlichen Krankenversicherung des Hauptverdieners kostenlos mitversichert werden. Lediglich für einige Berufsgruppen, für Richterinnen und Richter, Soldatinnen und Soldaten, Geistliche und Beamte gilt die Regelung nicht.
Scheiden tut weh
Es ist wahr, dass eine Ehe in Deutschland Geld sparen oder sogar einbringen kann. Doch wäre es ein Fehler, allein mit dieser Aussicht vor den Altar zu treten und sich ansonsten nicht weiter um die gemeinsamen Finanzen zu scheren. Stattdessen sollten Eheleute klar regeln, wie sie sich ihre finanzielle Zukunft vorstellen: von welchem Budget welche Ausgaben beglichen werden sollen und wie eventuelle finanzielle Nachteile kompensiert werden können.
Ausgleiche vereinbaren
Das Ehegattensplitting beispielsweise geht – zumindest auf der Lohnabrechnung – stets zulasten jener Person, die weniger verdient. Während etwa das Splittingverfahren dem Hauptverdiener einen geringeren Steuersatz beschert, gibt der schlechter Verdienende weit mehr von seinem Einkommen ab als er als Single müsste. Nutzt man solche Steuersparmodelle als Paar, sollte natürlich dafür gesorgt sein, dass der Steuernachteil des auf eine Weise kompensiert wird. Etwa indem das gemeinsame Nettoeinkommen fair auf beide verteilt wird oder jegliche Ausgaben von einem Gemeinschaftskonto aus beglichen werden.
Dass falsch geplant oder verteilt wurde, stellen viele Paare erst fest, nachdem die Ehe in die Brüche gegangen ist. Und das passiert nicht allzu selten, wie uns jedes Jahr die Statistik lehrt: Insgesamt 137.353 wurden allein im Jahr 2022 in Deutschland geschieden. Eine solche Trennung kann bekanntlich wehtun – umso mehr, wenn die eigenen Finanzen brach liegen. Selbst wenn das deutsche Gesetz Unterhaltspflichten und Versorgungsausgleiche vorschreibt, sollten sich Eheleute nicht allein auf die gesetzlichen Ansprüche nach einer Trennung verlassen und beispielsweise damit rechnen, in der Rente vom Partner (oder Ex-Partner) finanziert zu werden. Selbst bei einer üppigen Rente oder Pension kann es passieren, dass die Ansprüche nicht genügen, um den eigenen Lebensunterhalt zu finanzieren. Besser wäre es also, schon während der Ehe sicherzustellen, dass beide Partner in gleichem Maße in die Rentenversicherung oder – noch besser – zusätzlich privat am Kapitalmarkt investieren können.
Finanziell zusetzen kann eine Scheidung letztlich beiden. Wer von einem kleinen Gehalt Unterhalt zahlen muss, wird sich unter Umständen stark einschränken müssen, genauso kann es eng werden, wenn die Hälfte der eigenen Rente abgegeben werden muss. Für beide Partner gilt deswegen, sich nicht nur umfassend zu informieren, was eine Ehe finanziell bedeutet, sondern die Bedingungen nach Bedarf anzupassen. In einem Ehevertrag kann von vornherein festgelegt werden, wem wie viel zusteht, sollte man doch mal getrennte Wege gehen.
Kommentare (5)
M
Manuel
sagt am 22. März 2024
Achtung bei folgender Konstellation vor der Ehe: Hauptverdiener*in in der privaten Krankenversicherung und Einkommen über Jahresarbeitsentgeltgrenze, Partner*in mit zwei gemeinsamen Kindern in der gesetzlichen Krankenversicherung. Bei Heirat müssen die zwei Kinder in der Versicherung des/r Hauptverdiener*in versichert werden. Das kann mögliche Steuervorteile schnell zu Nichte machen...
C
Chris
sagt am 22. März 2024
Ohne Kinder erbt der Partner dreiviertel des Geldes. Wer bekommt denn dann die restlichen 25 Prozent?
S
Sim
sagt am 23. März 2024
Wenn jemand ohne Kinder verstirbt und sein Partner dreiviertel des Geldes erbt, könnten die restlichen 25 Prozent gemäß den gesetzlichen Bestimmungen an andere gesetzliche Erben gehen, wie zum Beispiel Eltern, Geschwister oder entferntere Verwandte, falls keine entsprechenden testamentarischen Regelungen vorliegen.
I
Inka G.
sagt am 22. März 2024
Wenn beide ziemlich gleich verdienen, hat eine Ehe dann vermutlich auch keine wirklichen Vorteile?
M
Max Mustermann
sagt am 22. März 2024
Wie im Artikel bereits steht, ist das eher ein Nullsummenspiel. Die einzige Steuerersparnis entsteht dann, wenn einer arbeitet und der andere gar nicht. Dann spart man viele Steuern und hat damit mehr Geld. In der Regel kompensiert die Steuererstattung aber nicht den Wegfall des zweiten Gehalts. Viel interessanter bei der Ehe sind die Ansprüche aus Erbe/Schenkung sowie die Rente des anderen.
Kommentar schreiben