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Die Immobilie als Steueroase

Eigentümer von Häusern und Wohnungen können leicht ein paar Tausend Euro Steuern pro Jahr sparen. Doch das Ganze hat seinen Preis.

Malta, Luxemburg, Panama. Solche Orte mögen einem als Erstes in den Kopf schießen, geht es um Steuern und deren Vermeidung. Dabei genügt es schon, einmal ums Karree in Wuppertal-Elberfeld zu spazieren, um gleich ein paar Dutzend Steuerparadiese auszumachen. Denn: Wer in der Bundesrepublik eine Immobilie besitzt, kann seine Steuerlast mit ein paar Kniffen zusammenschrumpfen lassen wie eine Dörrpflaume. Das Ganze hat selbstredend seinen Preis. Wann eine vermietete Immobilie wirklich zur Steueroase wird und welche Erleichterungen es für Selbstnutzer gibt.

Massive Unterstützung für Vermieter

Wohnraum ist in den meisten Großstädten rar, vielerorts explodieren die Mieten. Derweil stockt der Neubau seit Jahren und nur selten verirren sich Bauherren in morsche Geisterhäuser auf dem Land. Die gestiegenen Zinsen und Baukosten verbessern die Lage nicht gerade: Anfang 2023 wurden so wenige neue Wohnungen genehmigt wie zuletzt 2007.

Es gilt also, Investoren anzuziehen. Und nach dem Kalkül der Bundesregierung sollen dabei vor allem massive Steuervergünstigungen helfen. So fördert der Staat Kapitalanleger auf unterschiedlichste Weise und gewährt ihnen, so ziemlich alles steuerlich geltend zu machen, was auf dem Weg zum Eigentümer an Kosten entsteht. Zumindest, solange die vier Wände am Ende auch vermietet werden. Doch welche Erleichterungen sind das im Einzelnen?

Gebäudewert komplett absetzbar

Es beginnt schon bei der Anschaffung. Eigentümer können – gestaffelt über mehrere Jahrzehnte – den Kaufpreis ihrer vermieteten Immobilie von der Steuer absetzen. Genau genommen spricht man hier von Abschreibung: Kapitalanlagen, die im Laufe der Jahre durch ihre Nutzung an Wert verlieren, lassen sich nicht auf einen Schlag vom zu versteuernden Einkommen abziehen, sondern werden scheibchenweise über einen bestimmten Zeitraum abgeschrieben. Steuerrechtlich nennt sich das Modell „Absetzung für Abnutzung“, kurz: AfA.

Bei Immobilien lässt sich lediglich der Gebäudewert absetzen, nicht aber das Grundstück. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Grundstücke – anders als Gebäude – auch bei jahrhundertelangem Gebrauch nicht an Wert verlieren. Es ist deswegen ratsam, Gebäudewert und Grundstückswert schon im Notarvertrag separat ausweisen zu lassen, um den Gebäudewert geltend machen zu können.

Pro Jahr bis zu 2,5%

Die eigentliche Abschreibung funktioniert linear, also mehr oder weniger gleichmäßig. Bei Objekten mit Baujahr nach 1925 können Eigentümer über 50 Jahre jährlich 2% des Gebäudewerts absetzen. Bei älteren Objekten geht es schneller: Hier sind 2,5% über 40 Jahre erlaubt. Doch auch Neubauten, die zu Wohnzwecken errichtet werden, werden gefördert: Bei Fertigstellung ab 2023 dürfen Käufer jedes Jahr 3% geltend machen.

Aktuell befindet sich außerdem die Möglichkeit, einer degressiven Abschreibung im Gesetzgebungsverfahren. Bei dieser Methode wird eine Abschreibung in Höhe von 6% des Buchwertes von der Steuer abgesetzt. Da sich der Buchwert durch diese Abschreibung reduziert, kann man so am Anfang einen höheren Betrag abschreiben, der über die Jahre immer kleiner wird. Außerdem darf man von der degressiven in die lineare Abschreibung wechseln. Diese Möglichkeit gilt aber nur für Immobilien, die ab dem 1. Oktober 2023 neu gebaut oder neu angeschafft worden sind. Der Gesetzentwurf wurde aber noch nicht final von Bundestag und Bundesrat beschlossen: Änderungen sind also noch möglich.

Nebenkosten in voller Höhe absetzen

Mit dem Kaufpreis hat es sich bekanntlich noch nicht. Wer Haus oder Wohnung erwirbt, braucht etwa einen Notar. Der Kauf muss ins Grundbuch eingetragen und eine Grunderwerbsteuer gezahlt werden. Insgesamt belaufen sich die Kaufnebenkosten in der Regel auf 10% vom Kaufpreis. Ein 400.000€ teures Reihenhaus kostet also – gleich bei Anschaffung – gut und gerne 440.000€. Und auch diese Zusatzkosten dürfen von Kapitalanlegern über das AfA-Modell abgeschrieben werden. In den meisten Fällen gilt das auch für Gutachter, Makler und Anwälte, die der Käufer beantragt.

Zinsen zur Finanzierung

Die wenigsten privaten Immobilienkäufer bezahlen ihre Immobilie aus der Portokasse. Meist wird ein erheblicher Teil über einen Kredit finanziert. Dessen Zinsen dürfen Kapitalanleger ebenfalls in voller Höhe geltend machen, denn sie zählen als Werbungskosten und können jedes Jahr in der Steuererklärung angegeben werden. Übrigens gilt das auch für Immobilien, die nur teilweise vermietet und zum anderen Teil selbst bewohnt werden. Voraussetzung ist in dem Fall, dass für die Finanzierung zwei separate Kredite aufgenommen wurden. Je nach Zinslast lassen sich auf diese Weise leicht ein paar Tausend Euro Steuern im Jahr zurückholen.

Dazu ein Beispiel: Paul nimmt pro Jahr 15.000€ Miete ein. Seine Immobilie erwirbt er für insgesamt 300.000€, wovon 80.000€ auf das Grundstück entfallen. Das Gebäude allein ist demnach 220.000€ wert. Die Kaufnebenkosten belaufen sich auf 30.000€. Das heißt: Insgesamt kann er über die nächsten 50 Jahre 250.000€ über das AfA-Modell abschreiben. 

Für die Finanzierung leiht sich Paul von der Bank 200.000€ zu einem Zinssatz von 4,42% pro Jahr. Im ersten Jahr tilgt Paul 3% und die monatliche Rate an die Bank beträgt 1.218€. Allein 718€ davon sind im ersten Monat Zinsen (im ersten Jahr 8.500€).

So kann Paul im ersten Jahr nach dem Kauf 5.000€ (2% von 250.000€) plus 8.500€ (Zinsen) geltend machen, also insgesamt 13.500€. Das heißt:  Von den 15.000€ Mieteinnahmen muss Paul durch die Abschreibungen lediglich 1.500€ versteuern.

Vorsicht bei zu hohen Sanierungskosten

Wer die eigenen vier Wände vermietet, kann im Laufe der Jahre auch Reparaturen, Modernisierungen und Sanierungen zum Teil an den Fiskus weitergeben. Dabei gelten für die einzelnen Maßnahmen unterschiedliche Regelungen. So lassen sich etwa sogenannte Erhaltungsaufwendungen wie der Austausch von Fenstern, Dachausbesserungen oder ein neuer Fassadenanstrich direkt als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Herstellungsaufwendungen dagegen, beispielsweise die Beseitigung von Baumängeln, das Pflanzen von Bäumen und Büschen im Garten oder die Einrichtung einer Klimaanlage, lassen sich – wie der Gebäudewert – nur über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten abschreiben.

Vorsicht geboten ist bei sehr hohen Sanierungskosten. Übersteigen die Aufwendungen in den ersten drei Jahren nach Erwerb 15% des Gebäudewerts der Immobilie, gruppiert das Einkommensteuergesetz diese als „anschaffungsnahe Herstellungskosten“ ein. Sie lassen sich nun nicht mehr unmittelbar von der Steuer absetzen, sondern ebenfalls nur gestückelt über das AfA-Modell.

Besondere Privilegien bei Denkmalobjekt

Die größten Steuerprivilegien genießt, wer eine unsanierte Denkmalimmobilie auf Vordermann bringt. Binnen zwölf Jahren lassen sich 100% der anfallenden Sanierungskosten abschreiben. Dabei können in den ersten acht Jahren jeweils 9% pro Jahr und in den restlichen vier Jahren 7% der Kosten abgesetzt werden.

Doch sollte man nicht zu schnell mit dem Presslufthammer anrücken: Die Förderung greift nur bei Maßnahmen, die auch tatsächlich der Erhaltung des Denkmals dienen. Ein frisch angelegter Garten, ein neues Carport oder Solarpanele auf dem Dach fallen also prinzipiell nicht unter die Denkmalschutz-Förderung, dafür jedoch neue Heizungen, Fenster, Türen oder Arbeiten am Dach. 

Über die Denkmalschutz-Förderungen lassen sich pro Jahr gut und gerne auch mehr als 10.000€ Steuern sparen. Je nachdem, wie teuer einen die Sanierung zu stehen kommt, versteht sich. Angenommen, die Sanierung verschlingt insgesamt 200.000€, die über zwölf Jahre abgeschrieben werden. 9% davon lassen sich in den ersten Jahren jährlich abschreiben, das heißt: das zu versteuernde Jahreseinkommen schrumpft allein durch die Denkmalschutz-Förderung pro Jahr um 18.000€.

Je höher das Einkommen, desto höher die Ersparnis

Von Steuererleichterungen profitiert vor allem, wer viele Steuern zahlt, sprich: Wer ein sehr hohes Einkommen hat. Schließlich steigt der Steuersatz in Deutschland progressiv, das heißt: Je höher das Einkommen, desto höher der prozentuale Steuersatz. Bleiben wir mal bei den 18.000€ Denkmalschutz-Förderung pro Jahr. Bei 100.000€ zu versteuerndem Jahreseinkommen sinkt die Einkommensteuer durch die Förderung von 33.750€ auf 25.290€, also um mehr als 8.000€. Bei 60.000€ Jahreseinkommen beträgt die Einsparung „nur“ noch knapp 6.700€, bei 40.000€ sind es rund 5.400€.

Verwandte Mieter dürfen nicht zu wenig zahlen

Neben den Anschaffungs- und Sanierungskosten können Eigentümer auch laufende Kosten absetzen, sofern sie ihre Immobilie vermieten. Etwa die jährlich anfallende Grundsteuer, deren Höhe vom sogenannten Hebesatz in der jeweiligen Region abhängt, Verwaltungskosten oder Betriebsausgaben.

Übrigens: Eine Immobilie gilt auch dann als vermietet, wenn sie von nahen Verwandten bewohnt wird. Um die genannten Förderungen einzustreichen, müssen diese in den meisten Fällen jedoch mindestens 66% der ortsüblichen Miete bezahlen. In Ausnahmefällen kann die Mindestgrenze jedoch auch bei 50% liegen.

Selbstnutzer können Wohn-Riestern

Von all solchen Erleichterungen und Förderungen können Eigennutzer nur träumen. Denn als Privatkäufer, der jeden Zentimeter seiner Immobilie selbst bewohnt, lassen sich weder der Kaufpreis noch die Kaufnebenkosten von der Steuer absetzen.

In den meisten Fällen können Selbstnutzer den Fiskus auch nicht an ihren Sanierungskosten beteiligen. Ausgenommen, es handelt sich um ein Denkmalobjekt. Wer sich einer bröckelnden Ruine mit historischem Wert erbarmt, darf immerhin 90% der Sanierungskosten abschreiben, gestreckt über einen Zeitraum von zehn Jahren (pro Jahr also 9%).

Wohn-Riestern: Bausparen mit Zulagen

Eine der wenigen Förderungen für Selbstnutzer ist das sogenannte Wohn-Riester, auch genannt: Eigenheimrente. „Dadurch, dass Sie selbst in der Wohnung oder dem Haus leben werden, sichern Sie sich eine Altersvorsorge in Form von mietfreiem Wohnen und das unterstützt der Staat“, begründet die Deutsche Rentenversicherung die Förderung. 

Eine Wohn-Riester-Förderung soll Käufern helfen, ihre Immobilie schneller abzubezahlen. Dabei ähnelt sie der normalen Riester-Rente, in die zur Altersvorsorge eingezahlt wird. Mit dem Unterschied, dass sie für die Baufinanzierung verwendet wird. Wohn-Riester ist grundsätzlich auf zwei Arten nutzbar:

Maximal 175€ für Erwachsene pro Jahr

Wer bereits in eine normale Riester-Rente einzahlt, hat mit Wohn-Riester die Möglichkeit, einen Teil des bereits angesparten Kapitals zu entnehmen und für die Tilgung des Immobilienkredits zu nutzen. Die Alternative ist, einen speziellen Wohn-Riester-Vertrag abzuschließen. Das Riestern funktioniert in dem Fall ähnlich wie ein Bausparvertrag. Das heißt, die Finanzierung teilt sich in Ansparphase, Zuteilung des Darlehens und Tilgungsphase. In all diesen Phasen haben Wohn-Riester-Nutzer Anspruch auf staatliche Förderungen, die jedoch nicht allzu üppig sind: Die Grundförderung für Erwachsene beträgt maximal 175€ pro Jahr, für Kinder, die nach 2008 zur Welt kamen, gibt es 300€ vom Staat obendrauf. Immerhin lassen sich im Jahr maximal 2.100€ der Einzahlungen in den Wohn-Riester-Vertrag als Sonderausgaben von der Steuer absetzen.

Reparaturen und Dienstleistungen nur begrenzt absetzbar

In allen anderen Dingen sind Selbstnutzer einer Immobilie in etwa so gut gestellt wie Mieter. Reparaturen, Umbauarbeiten und andere handwerkliche Arbeiten können in der Steuererklärung angegeben werden. Doch auch hier gibt es Beschränkungen: So lassen sich beispielsweise lediglich 20% der Reparaturkosten in der Steuer angeben. Außerdem darf sich die Steuerlast pro Jahr maximal um 1.200€ verringern.

Arbeiten, die der Renovierung, Erhaltung und Modernisierung dienen, können in der Steuererklärung angegeben werden. Bei haushaltsnahen Dienstleistungen wie einem Putzdienst und Gartenarbeiten können lediglich die reinen Arbeitskosten, jedoch keine Materialkosten geltend gemacht werden. Auch hier sind nur 20% absetzbar und pro Jahr maximal 4.000€.

Ausnahmen bei der Spekulationsfrist

Allein, um durch die Immobilie neu entstehende Steuern zu vermeiden, sind Eigennutzer etwas besser gestellt als Vermieter. Während letztere ihre Immobilie erst nach mindestens zehn Jahren steuerfrei weiterverkaufen können, existiert für Selbstnutzer prinzipiell keine Spekulationsfrist. Als selbstgenutzt gilt eine Immobilie übrigens auch dann, wenn sie im Jahr des Verkaufs sowie die zwei vorangegangenen Jahre von einem selbst bewohnt wurde.

Steuerprivilegien machen Immobilie nicht zwingend rentabel

Steuererleichterungen sind aus Investorensicht natürlich eine tolle Sache. Doch machen sie allein einen Immobilienkauf noch nicht rentabel. Zum einen, weil sich nur absetzen lässt, was vorher bezahlt wurde. Zum anderen, weil darüber hinaus einiges schiefgehen und die Steuervorteile zunichtemachen kann.

Es mag einem vorkommen, als sei gerade die Vermietung von Immobilien ein garantiert lukratives Geschäft: Nicht nur, dass sich Dutzende Kosten absetzen und im Jahr ein paar Tausend Euro Steuern zurückholen lassen. Gleichzeitig steigen die Einnahmen durch die Vermietung, während die Immobilie – bestenfalls – auch noch an Wert gewinnt und Jahrzehnte später vielleicht für das Doppelte verkauft werden kann. In der Tat, das klingt lukrativ. Doch sollte man sich hüten, mit derlei Traumszenarien zu rechnen. Eine Immobilie ist und bleibt mit Risiken verbunden. Zum Beispiel könnte die eigene Wohnung unerwartet jahrelang leer stehen, Unsummen für die Instandhaltung verschlingen, weniger einbringen als kalkuliert oder an Wert verlieren, weil auf der anderen Straßenseite ein Gewerbepark eröffnet.

Würde hinter jedem Immobilienkauf ein garantiert großartiger Deal stecken, könnte sich die Regierung ihre Bemühungen vermutlich sparen – und die Behörden kämen gar nicht mehr hinterher mit ihren Baugenehmigungen.