Smart Beta / Factor Investing – Was ist das & lohnt es sich?

Finanzfluss Team
Finanzfluss Team
Stand: 7. September 2022
Passives Investieren ist derzeit sehr beliebt, viele Anleger suchen jedoch nach Wegen, um ihre Rendite noch weiter zu erhöhen. Factor Investing oder Smart Beta bietet einen wissenschaftlich fundierten Weg zur höheren Rendite. Wie Factor Investing funktioniert, welche Faktoren es gibt und ob es sich für dich lohnt, erfährst du im Ratgeber.

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Was du wissen solltest
  • Beim Factor Investing versucht man, mithilfe von Faktoren (die als Filterkriterien fungieren) im Vergleich zu einem marktneutralen Portfolio langfristig eine Mehrrendite („Faktorprämie“) zu erzielen.
  • Beispiele für Faktoren sind kleine Unternehmensgröße, politisches Risiko oder Qualität.
  • Faktoren können auch wieder verschwinden oder keine Überrendite erzielen. Das drückt das Risiko aus, für das die Faktorprämie entsteht.
  • Trotz dieses aktiven Filterns ist Smart Beta Investing (synonym zu Factor Investing verwendet) regel- und evidenzbasiert und transparent und kann dem passiven Investieren zugerechnet werden.

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So gehst du vor
  • Da negative Effekte entstehen können, wenn Faktoren einfach addiert werden, lohnt es sich, integriertes Multi-Factor-Investing zu betreiben.
  • Das bedeutet, verschiedene Faktoren sinnvoll miteinander in einem Fonds zu vereinen, ohne auf Diversifizierung zu verzichten.
  • ETFs wie der iShares Edge MSCI World Multifaktor-ETF bieten solch integriertes Multi-Factor-Investing konkret an.

Passives Investieren: Die Grundlagen

Das passive Investieren lässt sich als Anlagestrategie gegenüber dem aktiven Investieren so abgrenzen: Es werden nicht einzelne Wertpapiere herausgesucht, mit dem Ziel, die Rendite des Gesamtmarkts zu schlagen (Stock Picking) und es wird nicht versucht, den richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt durch häufiges Handeln zu erreichen (Market Timing). Passivem Investieren geht es darum, mithilfe von weltweit gestreuten Indexfonds langfristig die Rendite des Gesamtmarkts zu erzielen. Dies eliminiert das Risiko der einzelnen Unternehmen bei gleichbleibender Renditeerwartung. 

Auch wer die Grundlagen passiven Investierens für sinnvoll erachtet und es langfristig betreiben möchte, kann durch die Hinzunahme von bestimmten Parametern („Faktoren“) noch eine Überrendite erzielen. Wie das geht, erklären wir in diesem Ratgeber.

Factor Investing / Smart Beta einfach erklärt

Seit den 1970er-Jahren wurden wissenschaftliche Untersuchungen zu nachweisbaren und quantifizierbaren Faktoren durchgeführt, die über einen längeren Zeitraum hinweg für eine höhere Rendite als die des Gesamtmarkts sorgten. Ein bekanntes Beispiel aus den 1980ern ist die Unternehmensgröße: Forscher wiesen nach, dass kleinere Unternehmen über einen langen Zeitraum hinweg höhere Renditen einbrachten als ein marktneutrales Portfolio. Faktoren sind also wie Filterkriterien zu verstehen.

Die möglichen Gründe dafür sind wissenschaftlich umstritten und durch die Vorannahmen der jeweiligen finanzwissenschaftlichen Schule geprägt. Sie rangieren von verhaltenstheoretischen Annahmen (irrationales Verhalten der Anleger als Grund) bis zu der Idee, dass die Faktoren ein systematisches Risiko einer bestimmten Unternehmensgruppe abbilden und deswegen die Überrendite als Faktorprämie zu verstehen ist (Anleger werden durch Überrendite für zusätzliches Risiko „belohnt“). Die Verhaltensannahme ist insofern fraglich, als dann die Faktoren nach ihrer Publikation verschwinden müssten, was nachweislich nicht der Fall ist.

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Smart Beta erklärt
Factor Investing und Smart Beta werden synonym verwendet. Der Begriff Smart Beta kommt von der Bezeichnung Beta, die aufgrund der Forschung rund um das Verhältnis von Risiko und Rendite für marktneutrale Portfolios verwendet wird. Eine Smart Beta Strategie versucht also, durch den Einsatz von Faktoren noch mehr aus dem Beta-Portfolio herauszuholen.

Mittlerweile wurden durch die Forschung viele verschiedene Faktoren herausgearbeitet. Wichtig ist aber, dass diese Faktoren auch wieder verschwinden können, wenn sich die Bedingungen und damit das Risiko ändern. Dennoch kann Smart Beta Investing auf den gleichen Annahmen wie das passive Investieren aufbauen, wenn es auch durch die Filter von Faktoren „aktiver“ ist. Wichtig ist hierbei zu bedenken, dass es kein reines marktneutrales Portfolio geben kann, sondern auch passives Investieren immer auf Vorannahmen und Filtern aufbauen muss. Dennoch ist Factor Investing dadurch gekennzeichnet, regel- und evidenzbasiert, transparent und langfristig ausgerichtet zu sein.

Welche Faktoren gibt es?

Schauen wir uns nun einige der wichtigsten Faktoren an. Wie bereits festgestellt, müssen diese Faktoren nicht für die Ewigkeit bestehen, sondern es können sich die Bedingungen dergestalt ändern, dass das systematische Risiko abnimmt und damit keine Mehrrendite mehr erzielt werden kann.

  • Unternehmensgröße. Börsennotierte Unternehmen mit geringerer Marktkapitalisierung („Small Caps“) erzielen in der Tendenz eine höhere Rendite als der Gesamtmarkt.
  • Qualität. Bei höherer Qualität oder Profitabilität eines Unternehmens (messbar an betriebswirtschaftlichen Kennzahlen wie niedrigen Schulden, stabilen Erträgen) gibt es eine Mehrrendite im Vergleich zu weniger qualitativen Unternehmen.
  • Value. Niedrig bewertete „Value“-Unternehmen schneiden im Vergleich zu hoch bewerteten „Growth“-Aktien langfristig besser ab (Quelle: Value Premium Studie, 2005).
  • Politisches Risiko. Aktien mit höherem politischem Risiko weisen auch höhere Renditen auf. Das trifft insbesondere auf Schwellenländer-Aktien zu.

Formen des Smart Beta Investing

Ein Factor Investing Portfolio kann verschiedene Formen annehmen. Die beiden hauptsächlichen Formen sind einfaches und integriertes Multi Factor Investing.

Um die Idee des Smart Beta Investings in sein Portfolio zu integrieren, könnte man einen einzigen Faktor in seine Geldanlage einbeziehen. Beispielsweise könnte man im Vergleich zu einem marktneutralen Portfolio Small Cap Unternehmen in seinem Portfolio übergewichten. 

Das Problem ist, wie oben vorgestellt, dass Faktoren nicht verlässlich für eine Überrendite sorgen, sondern auch während gewisser Zeiträume unterperformen oder ganz verschwinden können. Deswegen ist es sinnvoll, auch im Bereich von Faktoren zu diversifizieren und auf mehrere statt nur einen zu setzen. 

Die unterschiedslose Verwendung mehrerer Faktoren, zum Beispiel durch den Kauf mehrerer Fonds, die jeweils nach einem Faktor filtern, bezeichnet man als einfaches Multi-Factor-Investing. Hierbei besteht die Schwierigkeit, dass Faktoren nicht einfach addiert werden können, um damit eine höhere Rendite zu erzielen. Einige Faktoren können sich widersprechen und damit zu starken, ungewünschten Über- oder Untergewichtungen führen. Das kann im Extremfall sogar negative Faktorprämien nach sich ziehen.

Faktoren sinnvoll zu diversifizieren und dabei unerwünschte negative Nebeneffekte zu vermeiden, ist daher die Idee des integrierten Multi-Factor-Investing. Hierbei verwendet man einen einzigen Fonds, der verschiedene Faktoren sinnvoll miteinander integriert, ohne zu viel Diversifikation aufzugeben.

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Lohnt sich Factor Investing?

Dass Faktoren Einfluss auf die Rendite haben können und manche gut erforschte Faktoren über lange Zeiträume Mehrrendite im Vergleich zum marktneutralen Portfolio erzielen, ist erwiesen. Wenn man davon ausgeht, dass diese Faktorprämien aufgrund ihres erhöhten Risikos entstehen, ist auch die Überlegung, dass nach Faktoren gefilterte Portfolios auch unterperformen können, ein wichtiger Punkt. Ohnehin ist Factor Investing kein „Verstoß“ gegen passive Prinzipien, sondern kann aus ihm zusätzliche positive Effekte herausholen. 

Für Anleger, die auf solche Überrendite abzielen möchten und die Faktoren und das mit ihnen einhergehende Risiko verstehen, kann sich eine Smart Beta Strategie langfristig lohnen. Hier empfiehlt sich vorwiegend das integrierte Multi-Factor-Investing, das mehrere Faktoren in einem einzigen Fonds zusammenfasst und sinnvoll integriert. Zu beachten ist aber, dass auf Anleger bei solchen Fonds erhöhte Kosten im Vergleich zu marktneutralen ETFs zukommen.

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Smart Beta in der Praxis
Es gibt einige ETFs, die integriertes Multi-Factor-Investing direkt zum Kauf anbieten. Ein Beispiel dafür ist der iShares Edge MSCI World Multifaktor-ETF (ISIN: IE00BZ0PKT83). Er filtert nach den Faktoren Value, Momentum, Qualität und Unternehmensgröße und hat eine Gesamtkostenquote von 0,5% p.a.

Für alle Anleger, die sich nicht weiter in die Materie des Smart Beta Investing einarbeiten wollen und die mit einer langfristigen Marktrendite zufrieden sind, ist ein marktneutrales, passives und einfaches ETF-Portfolio vollkommen ausreichend und erzielt gute Renditen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist ein Faktorportfolio?

Was ist eine Faktorprämie?

Was ist ein Faktor ETF?

Was ist der Unterschied zwischen Smart Beta und Factor Investing?