Rentenpunkte kaufen: Lohnt sich das?

Markus Schmidt-Ott
Markus Schmidt-Ott
Stand: 16. Februar 2024
Das deutsche Rentensystem hat keinen besonders guten Ruf. Dennoch lässt sich nicht von der Hand weisen, dass es Arbeitnehmern, die lange Zeit eingezahlt haben, eine feste Rente zugesteht. Diese Einzahlungen werden mithilfe von sogenannten Rentenpunkten gemessen. Wem die gesetzliche Rente zu niedrig ist, kann selbstständig Rentenpunkte kaufen bzw. Sonderzahlungen an die Rentenversicherung leisten, um sie in Zukunft zu erhöhen. Wie das funktioniert und ob es sich lohnt, besprechen wir in diesem Ratgeber.

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Was du wissen solltest
  • In Deutschland ist die Rentenversicherung eine wichtige Säule der Sozialversicherung. Angestellte zahlen pflichtmäßig in sie ein und erhalten am aktuellen Durchschnittsgehalt ausgerichtete Rentenpunkte, mit denen später der Rentenanspruch gemessen wird.
  • Wer über 50 und noch vor dem Renteneintrittsalter ist und einen Anspruch auf eine gesetzliche Rente hat, kann durch Sonderzahlungen seinen Rentenanspruch erhöhen. Dies nennt man umgangssprachlich Rentenpunkte kaufen.
  • Auch Selbstständige oder Freiberufler, die nicht genügend Rentenjahre aufweisen können, um einen Rentenanspruch zu haben, können diesen durch Sonderzahlungen erwerben.
  • Diese Sonderzahlungen kann man als Vorsorgeaufwendungen zum Teil von der Steuer absetzen. Zu beachten ist allerdings, dass einmal geleistete Sonderzahlungen nicht mehr zurückerstattet werden können.
  • Ob sie sich lohnen, hängt von den individuellen Lebensumständen ab. Häufig sind selbstständig geleistete Investitionen die bessere finanzielle Wahl.

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So gehst du vor
  • Mit unserem Rentenpunkte Rechner kannst du die Menge deiner bisher verbuchten Rentenpunkte berechnen. Die genauen Informationen zu deinem Renteneintritt und der erwarteten Rentenhöhe erhältst du von der Deutschen Rentenversicherung direkt.
  • Wenn du Sonderzahlungen leisten möchtest, musst du einen formalen Antrag an die Rentenversicherung richten. In der Folge wirst du auch darüber unterrichtet, wie hoch der maximale Betrag ist, den du als Sonderzahlung leisten kannst.

Rentenpunkte und Rente: So funktioniert’s

Die Rentenversicherung ist eine zentrale Säule der Sozialversicherung in Deutschland: Sie soll erreichen, dass Menschen durch Einzahlungen während ihrer Arbeitsjahre in der Rente ein sicheres Einkommen haben. Letztendlich verteilt die Rentenversicherung Einkünfte der Arbeitenden zwischen den Generationen und Schichten um, mit dem Ziel, für alle den Unterhalt im Alter zu sichern.

Praktisch funktioniert das so: Arbeitnehmer erhalten für jedes geleistete Arbeitsjahr einen sogenannten Rentenpunkt, der dann wiederum bei Renteneintritt zur Rentenhöhe umgerechnet wird. Dieser Rentenpunkt ist immer am jeweiligen Durchschnittseinkommen ausgerichtet. Wer also weniger verdient, erhält rechnerisch weniger als einen Rentenpunkt, wer hingegen mehr Einkommen hat, bekommt auch mehr Punkte (obwohl es nach oben gedeckelt ist und maximal etwas mehr als zwei Rentenpunkte pro Jahr verdient werden können). Dadurch werden sowohl die Faktoren Einkommenshöhe und Menge der Arbeitsjahre in das Rentensystem eingespeist.

Nach dieser theoretisch simplen Funktionsweise wird es aber in der Realität komplizierter, wenn etwa Selbstständige dadurch, dass sie nicht in die Rentenversicherung einzahlen müssen, kaum Rentenpunkte erworben haben (und ein Rentenanspruch erst ab fünf Punkten besteht). Oder wenn durch die zunehmend weniger linear verlaufenden Erwerbsbiografien, etwa durch extensive Elternzeiten oder Tätigkeiten im Ausland, ein bloß geringer Rentenanspruch besteht. Auch wer frühzeitig in Rente geht, muss mit Einbußen bei den Rentenpunkten und dem jeweiligen Rentenanspruch rechnen.

Wer seine gesetzliche Rente aufbessern möchte, kann freiwillige Zusatzzahlungen an die Rentenversicherung entrichten, was man auch als “Rentenpunkte kaufen” bezeichnet, da anhand dieser gemessen wird, wie hoch die Rente schließlich ist. Aber wie funktioniert das genau?

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Juristischer Hintergrund
Mit den Änderungen des Flexirentengesetzes 2017 wurden Sonderzahlungen zum Rentenausgleich, die wir umgangssprachlich den Kauf von Rentenpunkten nennen, möglich. Andere Änderungen betrafen etwa die Möglichkeit von Rentenerhöhungen durch späteren Renteneintritt oder eine flexiblere Hinzuverdienstgrenze für Rentner.

Wer kann Rentenpunkte kaufen?

Für die Leistung von Zusatzzahlungen an die Rentenversicherung und damit das Kaufen von Rentenpunkten musst du einige Bedingungen erfüllen. Einerseits musst du bereits 50 Jahre alt sein und in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um Rentenpunkte zu kaufen. Außerdem darfst du aber auch nicht älter als das gesetzliche Renteneintrittsalter sein, dieses liegt je nach Geburtsjahr zwischen 65 und 67 Jahren. Zusätzlich können Freiberufler und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, wozu sie ja nicht verpflichtet sind und demnach auch Zusatzzahlungen leisten, um Rentenpunkte zu erhalten.

Hier die Bedingungen auf einen Blick:

  • Mindestalter fürs Rentenpunkte kaufen 50 Jahre

  • Höchstalter ist das jeweilige Renteneintrittsalter (65–67 Jahre)

  • Entweder bereits in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlend

  • … oder als Selbstständiger/Freiberufler freiwillig einzahlend

Sonderzahlungen an Rentenversicherung konkret

Der Wert der Rentenpunkte wird je nach dem aktuellen Lohnniveau berechnet und kann sich von Jahr zu Jahr und regional verändern. 2024 etwa muss man für einen Rentenpunkt Sonderzahlungen in Höhe von 8.436,59€ in Westdeutschland und 8.320,11€ in Ostdeutschland leisten. Dieser Rentenpunkt erhöht die Rente dann um etwa 37,60€ pro Monat – dieser Rentenwert gilt seit 1. Juli 2023 bundeseinheitlich. Ab dem 1. Juli 2024 soll der Rentenwert voraussichtlich um 3,5% steigen. Den Rentenpunktekauf solltest du gut überlegen, da du die einmal geleistete Sonderzahlungen nicht mehr zurückerhalten kannst.

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Sonderzahlungen im Zeitverlauf
Interessanterweise sind Sonderzahlungen in den vergangenen Jahren laut der Deutschen Rentenversicherung immer beliebter geworden. Haben 2012 noch nur 933 Menschen Rentenpunkte gekauft, waren es 2020 schon ca. 35.000. Ein enormer Anstieg! Vermutlich hat dies auch mit der zu der Zeit vorherrschenden Niedrigzinsphase zu tun, aufgrund derer Menschen nach Alternativen zu den klassischen Anlagen gesucht haben.

So geht der Rentenpunktekauf

Die tatsächliche Prozedur zum Rentenpunktekauf ist sehr simpel. Zunächst kann es hilfreich sein, sich direkt von der Deutschen Rentenversicherung beraten zu lassen, um die aktuellen Konditionen und den tatsächlichen Rentenpunktestand, das Renteneintrittsalter und eventuelle Minderungen zu erfahren. Eine Rentenauskunft ohne Beratung tut es im Zweifelsfall auch. Danach musst du einen formalen Antrag an die Rentenversicherung richten, Sonderzahlungen zu leisten. Im Anschluss wird dir erläutert, welchen Betrag du maximal zur Rente hinzuzahlen kannst. 

Lohnt sich das? Rentenpunkte kaufen vs. ETF-Portfolio

Mit den zusammengetragenen Informationen können wir nun kalkulieren, ob sich das Hinzuzahlen zur Rentenversicherung im Vergleich zu einem global diversifizierten ETF-Portfolio rein finanziell rechnet.

Beim Kauf eines Rentenpunkts im Jahr 2024 zu Kosten von 8.436,59€ (West) bzw. 8.320,11€ (Ost) und einer Rentenerhöhung in Höhe von 37,60€ pro Monat erreicht man den Break-even nach gut 18 Jahren – nun sind die eingangs geleisteten Zahlungen amortisiert und die „Investition“ fängt an, sich zu rechnen. Zu diesem Zeitpunkt ist man 85 Jahre alt. Ob sich der Kauf von Rentenpunkten lohnt, hängt also davon ab, mit welcher Lebenserwartung man rechnet. Berücksichtigen sollte man dabei auch, dass die Rentenpunkte an Wert gewinnen können. So würde es sich schon früher lohnen.

Ein breit gestreutes ETF-Portfolio hingegen, das durchschnittlich 5-7% p.a. abwirft (was eine gewöhnliche Höhe am Aktienmarkt ist), wäre hier eine Alternative. Dieses ermöglicht zwar eine höhere Rendite und entsprechend höhere Entnahmen. Doch gibt es hier das sogenannte Langlebigkeitsrisiko. Lebt man länger als geplant, könnte das Vermögen bereits früher verbraucht sein. Im Gegensatz dazu erhält man die gesetzliche Rente garantiert lebenslang.

Zudem bieten ETF-Portfolios eine Stärke, die Einzahlungen in die Rentenversicherung niemals bieten können: Flexibilität. Ein ETF-Portfolio kann man jederzeit liquidieren, wenn man das Geld benötigt (auch wenn dies in einer negativen Phase mit Verlusten verbunden wäre). Falls du nun nach einem geeigneten Depot suchst, kannst du die verschiedenen Konditionen der einzelnen Anbieter in unserem Depot-Vergleich miteinander vergleichen.

Für wen kann es sich dennoch lohnen, Rentenpunkte zu kaufen?

Es kann sich aber für manche Gruppen unter bestimmten Umständen lohnen, Rentenpunkte nachzukaufen, auch wenn das für die breite Masse finanziell nicht empfehlenswert ist.

Selbstständige und Freiberufler ohne Rentenanspruch

Wer aufgrund einer selbstständigen Tätigkeit nicht die mindestens notwendige Anzahl von fünf Erwerbsjahren erfüllt, um einen Rentenanspruch zu besitzen, kann das mit der Hilfe des Rentenpunktekaufs nachholen. Insbesondere kann sich das für diejenigen lohnen, die einige Jahre angestellt gearbeitet haben, durch das Fehlen des Rentenanspruchs aber auch nicht die Arbeitgeberbeteiligung an der Rente einstreichen können.

Frührentner, die ihre Rente aufbessern wollen

Da die Rente bei früherem Renteneintritt gemindert wird (genauso wie sie sich bei späterem Eintritt erhöht), können Frührentner bis zu ihrem generellen Renteneintrittsalter Zuzahlungen zur Rentenversicherung leisten, um auf ihr eigentlich vorgesehenes Rentenniveau zu kommen. Wer etwa einige Jahre vor Renteneintritt gekündigt wurde und eine Abfindung erhalten hat, könnte diese nutzen, um früher in Rente zu gehen, ohne die Rente zu mindern.

Menschen mit großem Sicherheitswunsch

Theoretisch können auch Menschen, die Geld angespart haben, ihre Rente aufbessern wollen und ein sehr starkes Sicherheitsbedürfnis im Alter haben, sich überlegen, zu diesem Zweck Rentenpunkte zu erwerben, da hier neben der finanziellen Motivation eine ausgesprochen starke emotionale hinzukommt. Aufgrund der hohen Kosten stellt sich aber die Frage, ob man für diese Sicherheit bereit ist, mit einer niedrigen Rendite oder potenziell hohen Kosten zu bezahlen oder ob es nicht eher Sinn ergibt, das Ersparte in risikoarme Geldmarktanlagen zu setzen (etwa Festgeld oder Staatsanleihen mit höchster Bonität), die einfach zu liquidieren sind. Zwar verlieren sie damit aufgrund der Inflation auch real Geld, aber können im Vergleich zum Rentenpunktekauf unter Umständen dennoch sparen.

Steuern sparen beim Rentenpunktekauf

Die gute Nachricht für prospektive Rentenpunktekäufer ist, dass Sonderzahlungen zur Rentenversicherung als Vorsorgeaufwendungen gelten und damit teilweise steuerbegünstigt sind. Im Jahr 2024 kann man 100% der Sonderzahlungen absetzen, maximal aber 27.566€ pro Jahr für Alleinstehende und 55.132€ für Ehepaare. Wer diesen Steuervorteil voll ausnutzen und Sonderzahlungen leisten will, kann dies durch Teilzahlungen über mehrere Jahre verteilt tun.

Für die Rente vorsorgen: Ein komplexes Thema

Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Leistung von Sonderzahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in vielen Fällen eine schlechtere finanzielle Entscheidung darstellt, als selbsttätig zu investieren. Allerdings ist das Thema der Rente von vielen Faktoren und Bedürfnissen abhängig (nicht zuletzt dem Lebensalter), insbesondere durch die Steuerersparnisse der Sonderzahlungen und verschiedene andere Gründe kann eine solche Sonderzahlung sich dennoch lohnen. Wer darüber nachdenkt, sollte die verschiedenen Faktoren in die Rechnung einbeziehen und sich im Zweifel von der Rentenversicherung beraten lassen, bevor er die Entscheidung trifft.

Häufig gestellte Fragen

Wie viele Rentenpunkte darf man kaufen?

Ist es sinnvoll, Rentenpunkte zu kaufen?

Was kostet ein Rentenpunkt 2024?

Wie viel Gehalt für einen Rentenpunkt 2024?