
9 unkonventionelle Lektionen aus 20 Jahren an der Börse
In diesem Artikel teilen wir 9 unkonventionelle Tipps, die dir helfen können, besser zu investieren und ruhig zu bleiben, wenn es an den Märkten mal wieder hoch- und runtergeht.
1. When in doubt, zoom out
Wenn dich die aktuelle Marktlage nervös macht, versuche die Situation mit etwas Abstand zu betrachten. Im Fall des Trump-Crashs 2025 sind viele Anleger in Panik geraten, als der globale Aktienmarkt um über 20% eingebrochen ist.
Doch ein Blick auf den 5-Jahres-Verlauf des MSCI World zeigt: Seit 2020 liegt der Markt trotz des Crashs mit 72% im Plus. Die Kurse sind lediglich auf das Niveau von August 2024 zurückgefallen. Alle, die schon vor diesem Zeitpunkt investiert waren, sind nach wie vor im Plus.
MSCI World Index inkl. Dividenden seit 2020:
Besonders beeindruckend: Die jährliche Durchschnittsrendite seit 1990 ist durch den Trump-Crash nur minimal von 8,6% auf 8,2% gesunken. Langfristig ist der Crash also nur ein kleiner Knick in der Aufwärtskurve.
Wenn dich Marktturbulenzen dennoch nervös machen, solltest du überlegen, dein Depot an deine Risikotragfähigkeit anzupassen – also den risikobehafteten Anteil deines Portfolios etwas zu reduzieren.
2. Investieren ist kein Entertainment
In Zeiten von intuitiven Broker-Apps und ständig verfügbaren Marktberichten ist es verlockend, täglich ins Depot zu schauen. Doch genau das kann dich als Anleger verrückt machen.
Eine Auswertung des MSCI World Index von 2001 bis 2025 zeigt deutlich, warum du deine Broker-Apps besser selten checken solltest:
- Schaust du täglich ins Portfolio, siehst du mit 46% Wahrscheinlichkeit einen Verlust.
- Bei einem wöchentlichen Check sind es immer noch 43%.
- Bei einem monatlichen Check sinkt die Wahrscheinlichkeit auf 37%.
- Schaust du einmal pro Jahr ins Depot, siehst du nur mit 29% Wahrscheinlichkeit ein Minus.
Kurzfristig schwanken Aktienkurse nahezu willkürlich und oft unvorhersehbar. Langfristig steigen sie aber tendenziell. Je seltener du also ins Depot schaust, desto wahrscheinlicher ist es, dass du Kursgewinne statt -verluste siehst.
Ein praktischer Tipp: Lösche deine Broker-App vom Smartphone oder lege klare Regeln fest, wie oft du hineinschauen darfst. Noch besser ist es, wenn du dir jährliche Finanzziele setzt. So kannst du dich auf diese langfristigen Ziele, statt auf die täglichen Kursschwankungen, konzentrieren.
3. Du bist keine Investmentlegende
Natürlich gibt es sie: die Jim Simons und Moritz Seiberts dieser Welt, die den Markt regelmäßig schlagen. Der Mathematiker Jim Simons hat Algorithmen entwickelt, die seinem Fonds eine jährliche Durchschnittsrendite von 66% bescheren. Moritz Seibert hat Preisfehler bei Derivatenemmitenten entdeckt und diese genutzt, um selbst Gewinne zu erzielen. Doch auf die beiden trifft mindestens eine der folgenden 3 Eigenschaften zu:
- Wissensvorsprung: Geheime und komplizierte Algorithmen oder spezifisches Fachwissen, das für andere nicht so einfach zugänglich ist.
- Zeit: Voller Fokus auf ihre Strategien, nicht nur „nebenbei“ nach Feierabend.
- Glück: Ein Faktor, den man nicht unterschätzen sollte.
Die meisten von uns haben weder den Wissensvorsprung noch die Zeit, um systematisch den Markt zu schlagen. Deshalb ergibt es mehr Sinn, bei der Geldanlage einem passiven Ansatz zu folgen.
4. Sei glückselig uninformiert
Eine interessante Studie von Forschern der Universität Mannheim hat untersucht, wann im ZDF über den DAX berichtet wird. Sie kamen zum Ergebnis, dass die Börse besonders dann im Fokus steht, wenn es negative Entwicklungen gibt. Dies liegt am sogenannten „Negativitätsbias“ und am „Big News Bias“: Negative und dramatische Veränderungen generieren mehr Aufmerksamkeit als erfreuliche Neuigkeiten.
Wenn du merkst, dass Marktnachrichten dich nervös machen oder sogar zum Handeln verleiten, konsumiere lieber weniger davon. Für langfristige Anlagestrategien sind die meisten täglichen Marktnews ohnehin nicht relevant.
5. Dein Bauchgefühl ist kein Börsenbarometer
Aktienkurse bewegen sich häufig kontraintuitiv. Tesla veröffentlichte 2025 einen Quartalsbericht mit einem Gewinneinbruch von 71% – und die Aktie stieg anschließend um 17%. Apple meldete hingegen ein Umsatzplus von 5% – und die Aktie fiel im Gegenzug um denselben Prozentsatz.
Das liegt unter anderem daran, dass Kurse nie nur durch ein einziges Ereignis beeinflusst werden. Bei Tesla spielte beispielsweise nicht nur das schlechte Quartalsergebnis eine Rolle, sondern auch die Ankündigung von Elon Musk, sich wieder stärker auf das Unternehmen konzentrieren zu wollen. Bei Apple wogen die Sorgen vor der US-Zollpolitik offenbar schwerer als die positiven Zahlen.
Du solltest außerdem beachten, dass im Aktienkurs bereits alle verfügbaren Informationen und Erwartungen eingepreist sind. Wenn du also überzeugt bist, dass Nvidia ein großer Player im KI-Bereich ist und diese Technologie wachsen wird, ist das keine exklusive Information. Diese Erwartung ist bereits im Kurs enthalten.
Unberechenbare Kurse zeigen auch immer wieder, dass sich im Nachhinein alles schön rationalisieren lässt – auch wenn es vorher kaum jemand hat kommen sehen.
6. Wissen schlägt Meinung
Am Kapitalmarkt gibt es gefühlt mehr Meinungen als Anleger. Ein prominentes Beispiel ist Michael Burry, der 2007 erfolgreich gegen den Immobilienmarkt gewettet hat. Seine Geschichte wurde durch den Film „The Big Short“ bekannt. Seither warnt er regelmäßig vor Crashes und Spekulationsblasen.
Wer Burrys Warnungen gefolgt wäre und immer entsprechend verkauft hätte, hätte erhebliche Kursgewinne verpasst. Statt auf einzelne Meinungen solltest du dich auf folgende Fakten konzentrieren:
- Breit gestreute Portfolios schwanken kurzfristig, steigen aber langfristig.
- Breit diversifizierte Index-ETFs schlagen in der Regel aktive Fonds.
- Das optimale Rendite-Risiko-Verhältnis erzielst du durch breite Streuung. Diversifikation ist der einzige „free lunch“ an der Börse.
7. Kritisiere deine eigene Strategie
Dieser Punkt klingt auf den ersten Blick widersprüchlich – ist er aber nicht. Versuche gezielt deine Anlagestrategie zu hinterfragen. Menschen neigen dazu, Informationen zu suchen, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigen (Confirmation Bias) und Informationen zu ignorieren, die ihnen widersprechen.
Wenn du dich mit den Gegenargumenten zu deiner Strategie auseinandersetzt, gewinnst du ein vollständigeres Bild. Und du verstehst besser, in welchen Situationen deine Strategie vielleicht nicht optimal ist. Wenn du trotz aller bekannten Nachteile von deiner Strategie überzeugt bist, wirst du auch in schwierigen Marktphasen daran festhalten können.
8. Welchen Broker du wählst, ist egal
Vor mehreren Jahren war das Handeln an der Börse noch sehr teuer. Eine Order hat mindestens 10€ gekostet, weshalb es sich nicht gelohnt hat, weniger als 1.000€ pro Trade zu investieren. Heute hat sich die Broker-Landschaft dramatisch verändert. Die Anbieter unterbieten sich gegenseitig bei den Kosten und optimieren ihre Dienste kontinuierlich, um auf die Bedürfnisse der Anleger einzugehen.
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9. Feiere Rückgänge
Besonders Neueinsteiger sind oft verunsichert, wenn ihr Portfolio zum ersten Mal um 20% einbricht. Erfahrene Anleger hingegen freuen sich oft sogar über solche Phasen – und das aus gutem Grund.
Wenn du regelmäßig sparst und deine Strategie auch in Krisenzeiten durchziehst, kaufst du in diesen Phasen zu günstigeren Kursen ein. Je länger die Krise dauert, desto mehr günstige Anteile sammelst du an. Nach einer Krise erholen sich die Märkte typischerweise wieder und der Kurs geht wieder stark nach oben.
MSCI World Index Performance seit 1980:

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