
Steuerbescheid falsch? Bescheid richtig lesen und prüfen
Aber nur weil das Finanzamt eine Entscheidung getroffen hat, heißt das nicht, dass sie in Stein gemeißelt ist. Fehler passieren – sowohl dir bei der Eingabe als auch dem Sachbearbeiter bei der Prüfung. Wenn in deinem Steuerbescheid etwas nicht stimmt und du der Meinung bist, dass dir mehr Geld zusteht, ist der Einspruch dein wirksamstes Werkzeug. Aber wie findest du Fehler im Bescheid? Welche Fristen musst du einhalten? Und wie gehst du am besten vor?
Warum einen Einspruch einlegen?
Der Steuerbescheid legt fest, wie viel du entweder von der Steuer zurückbekommst oder nachzahlen musst. Doch die Berechnung des Finanzamts ist nicht immer unfehlbar. Es gibt mehrere Gründe, warum du mit dem Ergebnis nicht einverstanden sein könntest und warum sich ein genauerer Blick lohnt:
- Das Finanzamt ist anderer Meinung als du.
- Dem Finanzamt ist ein Fehler unterlaufen.
- Dir selbst ist ein Fehler unterlaufen.
So findest du Fehler im Steuerbescheid
Bevor du Einspruch einlegen kannst, musst du erst einmal wissen, wo der Fehler liegt. Das Wichtigste steht relativ unscheinbar in der ersten Zeile: wie viel du vom Finanzamt zurückbekommst oder wie viel du nachzahlen musst. Bei der Abgabe deiner Steuererklärung über Elster oder einer Steuersoftware, wurde eine Steuerberechnung erstellt. Du musst jetzt, im ersten Schritt, diese Zahl mit der Angabe des Steuerbescheids vergleichen. Stimmen diese Werte überein, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass alles anerkannt wurde, wie du es beantragt hast. Gibt es hier aber eine Differenz, ist das ein klares Indiz dafür, dass das Finanzamt etwas geändert hat.
- Hilfe durch Steuersoftware: Viele Steuerprogramme bieten eine automatische Steuerbescheidprüfung. Dabei werden deine Steuererklärung und der Bescheid übersichtlich in einer Tabelle gegenübergestellt und du siehst, wo es Unterschiede gibt.
- Manueller Abgleich bei Elster: Hast du deine Erklärung direkt über Elster gemacht, musst du den Vergleich selbst durchführen. Die Steuerberechnung, die du von Elster erhältst, ist sehr ähnlich aufgebaut wie der Steuerbescheid. Nimm dir also beide Dokumente vor und gehe sie Zeile für Zeile durch. Vergleiche die Zahlen und achte auf mögliche Unterschiede.
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👆 Übrigens: Es kann auch vorkommen, dass das Finanzamt einen Fehler zu deinen Gunsten macht. In diesem Fall bist du rechtlich nicht verpflichtet, das Finanzamt darauf hinzuweisen.
So läuft der Einspruch ab
Hast du einen Fehler gefunden und möchtest dich beim Finanzamt rückmelden, musst du die jeweiligen Fristen genau im Blick haben.
Der Prozess lässt sich in folgende Phasen unterteilen:
1. Die Einspruchsfrist berechnen
Du hast grundsätzlich einen Monat Zeit, um Einspruch einzulegen. So berechnet sich die Frist:
- Auf deinem Steuerbescheid steht ein Datum, z.B. der 1. September 2025.
- Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der Brief ein paar Tage für den Postweg braucht. Deshalb beginnt die Frist nicht sofort, sondern erst nach Bekanntgabe. In der Regel rechnet man zum Datum auf dem Bescheid 4 Tage hinzu. In diesem Beispiel wäre das der 5. September 2025.
- Ab diesem Datum hast du genau einen Monat Zeit. Dein Einspruch muss also bis zum 5. Oktober 2025 beim Finanzamt eingegangen sein. Fällt das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verschiebt es sich auf den nächsten Werktag.
2. Die erneute Prüfung durch das Finanzamt
Sobald du Einspruch eingelegt hast, wird dein Steuerfall neu aufgerollt. Wichtig dabei ist: Das Finanzamt prüft nicht nur die Punkte, die du bemängelt hast, sondern deinen kompletten Steuerfall.
Das birgt die Gefahr der sogenannten Verböserung. Es kann passieren, dass der Sachbearbeiter bei der erneuten Prüfung auf einen anderen Fehler stößt, den er beim ersten Mal übersehen hat – und dieser Fehler könnte sich negativ für dich auswirken. Du könntest am Ende also schlechter dastehen als vor deinem Einspruch.
Allerdings ist das Finanzamt verpflichtet, dich über eine drohende Verböserung zu informieren und muss dir die Möglichkeit geben, Stellung zu nehmen. Solange über deinen Einspruch noch nicht entschieden wurde, kannst du ihn jederzeit zurückziehen. So kannst du eine Verschlechterung effektiv verhindern.
3. Die Entscheidung des Finanzamts
Nach einiger Zeit erhältst du eine Antwort auf deinen Einspruch. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten:
- Der Einspruch war erfolgreich: Du erhältst einen sogenannten Abhilfebescheid. Quasi ein korrigierter Steuerbescheid, der deine beanstandeten Punkte berücksichtigt. Solltest du auch mit diesem neuen Bescheid nicht einverstanden sein, kannst du dagegen übrigens erneut Einspruch einlegen – die Frist beginnt von Neuem.
- Der Einspruch war nicht erfolgreich: In diesem Fall lehnt das Finanzamt deinen Einspruch ab und teilt dir dies in einer förmlichen Einspruchsentscheidung mit. Darin wird ausführlich begründet, warum man deiner Argumentation nicht gefolgt ist.
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Wie gehe ich beim Einspruch vor?
Du hast entschieden, aktiv zu werden. Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Methoden, eine Änderung deines Steuerbescheids zu erwirken.
Möglichkeit 1: Der Antrag auf schlichte Änderung
Bevor du zum formellen Einspruch greifst, gibt es oft eine einfachere Methode: den Antrag auf schlichte Änderung, auch Änderungsantrag genannt.
- Du bittest das Finanzamt formlos darum, eine ganz konkrete Stelle in deinem Bescheid zu ändern. Das ist ideal für offensichtliche Fehler, wie einen Zahlendreher, eine vergessene Rechnung oder einen klaren Irrtum des Finanzamts.
- Hier gibt es keine Formvorschriften. Du könntest theoretisch sogar beim zuständigen Sachbearbeiter anrufen und den Fehler telefonisch klären. Ein schriftlicher Antrag (per Brief, E-Mail oder über Elster) ist aber immer besser, da du dann einen Nachweis hast.
- Bei einem Antrag auf schlichte Änderung wird nur der von dir genannte Punkt geprüft. Dein Fall wird nicht komplett neu aufgerollt. Das Risiko einer Verböserung ist hier also praktisch ausgeschlossen.
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Möglichkeit 2: Der Einspruch
Mit einem Einspruch stellst du nicht nur eine einzelne Stelle, sondern den gesamten Steuerbescheid infrage.
- Ein Einspruch ist das förmliche Rechtsmittel, das eine vollständige Neuprüfung deines Falles auslöst.
- Der Einspruch muss immer schriftlich erfolgen, also per Brief, Fax, E-Mail oder direkt über Elster. Manche Steuersoftware-Programme ermöglichen den Versand sogar direkt aus der Anwendung heraus.
- Du sollst deinen Einspruch immer gut begründen. Erkläre dem Finanzamt genau, warum du mit der Entscheidung nicht einverstanden bist, und überzeuge den Sachbearbeiter von deiner Sichtweise. Je besser und nachvollziehbarer deine Argumentation ist, desto höher sind deine Erfolgschancen.
Für einen Einspruch kann es sich lohnen, professionelle Hilfe von einem Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein in Anspruch zu nehmen, um eine wasserdichte Begründung zu formulieren.
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Wie kannst du deine Begründung noch schlagkräftiger machen?
- Urteile von Finanzgerichten nutzen: Recherchiere, ob es bereits Gerichtsurteile zu einem ähnlichen Fall wie deinem gibt. Wenn ein Finanzgericht in der Vergangenheit bereits in deinem Sinne entschieden hat, kannst du dieses Urteil in deiner Begründung zitieren.
- Laufende Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) prüfen: Manchmal gibt es zu einer strittigen Steuerfrage noch kein endgültiges Urteil, aber es ist bereits ein Verfahren beim höchsten deutschen Finanzgericht, dem BFH, anhängig. Auf der Webseite des BFH (bundesfinanzhof.de) kannst du nach solchen Verfahren suchen. Findest du einen passenden Fall, kannst du in deinem Einspruch auf dieses Verfahren (mit Aktenzeichen) verweisen und das Finanzamt bitten, deinen Fall ruhen zu lassen, bis dort ein Urteil gesprochen wird. Wenn das Urteil dann positiv ausfällt, profitierst du davon, ohne selbst den teuren Klageweg gehen zu müssen.
Wenn der Einspruch abgelehnt wird
Wenn du auch nach einer negativen Einspruchsentscheidung felsenfest davon überzeugt bist, im Recht zu sein, ist nicht alles verloren. Der nächste und letzte Schritt ist der Klageweg vor dem Finanzgericht.
- Frist beachten: Für die Klage hast du nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung wieder einen Monat Zeit.
- Professionelle Hilfe ist jetzt unerlässlich: Spätestens jetzt solltest du dir professionelle Unterstützung suchen. Ein Anwalt, ein Steuerberater oder ein Lohnsteuerhilfeverein kann deine Erfolgsaussichten realistisch einschätzen und dich vor Gericht vertreten. Ein Lohnsteuerhilfeverein ist dabei oft eine kostengünstigere Alternative, darf dich aber nur vor dem Finanzgericht vertreten.
Ein Experte kann dir im Voraus helfen zu beurteilen, ob sich der finanzielle und zeitliche Aufwand einer Klage wirklich lohnt und wie die Chancen auf einen Sieg stehen.


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