NASDAQ im Aufwind: Lohnt sich ein Investment in Digital-Firmen?
Der durchschnittliche Deutsche gilt ja allgemeinhin eher als Aktien-scheu. Etwas skeptisch beäugt er oftmals auch neue Technik-Erfindungen – selbst denkende Roboter oder filmende Drohnen zum Beispiel. Dabei gab es eine Zeit, in der der deutsche Kleinsparer nicht genug kriegen konnte von Aktien und Technik.
Es begann Mitte der 1990er Jahre, als kiloschwere Antennen-Telefone, gelb-graue Windows-Computer und AOL das Zeitalter der New Economy einläuten sollten. Immer mehr junge Gründer entdeckten das Internet für sich und zogen mit ihren Startups an die Börse. Kleinanleger auf der ganzen Welt (insbesondere in Deutschland) witterten den großen Reichtum über Nacht und entdeckten ihre Liebe zur Aktie. Dass unter den Börsen-Newcomern jede Menge schwarze Schafe, vor allem aber vollkommen überbewertete Firmen steckten, deren Umsatz in Wahrheit nicht annähernd mit den Börsenkursen mithalten konnte, merkten die meisten Anleger zu spät. Im März 2000 platzte die Dot-Com-Blase, Unternehmen wie Privatanleger rutschen in die Pleite und verloren ihr Vermögen. Der Deutsche und die Aktie – diese Liaison fand damals schlagartig ein Ende.
Doch auch weltweit war der Hype um den “Neuen Markt” erst einmal vorüber, nachdem die Indizes, allen voran der technologielastige Nasdaq100 und der deutsche Nemax 50 (Vorläufer der heutigen TecDax), krachend in den Keller gerauscht waren.
Krisengewinner sind die Tech-Indizes
Und heute? Ist von der Angst vor einer neuen Dot-Com-Blase kaum noch etwas zu spüren. Tech-Giganten wie Apple, Amazon, Tesla und Microsoft sind gefragt wie nie und halten sich seit Jahren an der Spitze der teuersten Unternehmen. Selbst die Corona-Krise konnte den US-amerikanischen Digital-Riesen nicht viel anhaben: Zwar brachen auch am Digitalmarkt die Kurse dramatisch ein, schnellten kurz darauf jedoch wieder in die Höhe und haben inzwischen ihren Vorkrisen-Stand übertroffen. Echte Krisengewinner sind auch der Streaming-Dienst Netflix oder das Softwareunternehmen Zoom, in deren Kursen die Krise nicht einmal eine kleine Delle hinterlassen hat.
Mit den Einzelaktien steigen auch die Kurse der Tech-Indizes wieder fröhlich weiter, allen voran der Kurs des Nasdaq100. Anfang Juni erreichte der Technologie-Index mit knapp über 10.000 Punkten sogar ein neues Allzeithoch. Der brechende Erfolg ist kein neues Phänomen: Schon seit 5 Jahren steigt der Nasdaq100 unaufhaltsam – und dabei sogar stärker als der Welt-Fonds MSCI World.
Alleine seit Anfang des Jahres hat der Index Nasdaq100 um etwas mehr als 12% zugelegt. Seit 2015 um ganze 123%, während der MSCI World “nur” um 39% gestiegen ist. Um diesen Höhenflug zu verstehen, muss man sich den Nasdaq100 einmal aus nächster Nähe ansehen - und seine Zusammensetzung.
Was ist der Nasdaq100 eigentlich?
Nasdaq, das steht für “National Association of Securities Dealers for Automated Quotation”: Elektronisches Handelssystem könnte man dazu auf Deutsch sagen. Nasdaq ist zunächst einmal der Name einer weltweiten Technologie-Börse, die 1971 als erste elektronische Handelsplattform gegründet wurde. Der Index Nasdaq100 hingegen enthält die 100 börsenstärksten Unternehmen, die an der Nasdaq-Börse gelistet sind, darunter hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) US-amerikanische Technologiefirmen. Neben dem Dow Jones und dem S&P 500 ist der Nasdaq100 der wichtigste Aktienindex in den USA.
Nicht gelistet im Nasdaq100 sind Finanzunternehmen, also zum Beispiel Kreditinstitute, Leasinggesellschaften oder Inkassounternehmen. Während der Weltfinanzkrise 2008 bewahrte das den Tech-Index vor dem Totalabsturz: Die Kurse fielen vergleichsweise wenig und konnten sich kurze Zeit später wieder berappeln.
Ab wann ist ein Unternehmen ein Tech-Unternehmen?
Dass der Nasdaq100 gemeinhin als Tech-Index bezeichnet wird, ist genau genommen ein Trugschluss. Zwar bildet der Index zu etwa 60% tatsächlich Firmen aus dem Digital-Sektor ab – aber eben nicht ausschließlich. Enthalten sind auch solche Unternehmen, die nur im entferntesten Sinne etwas mit Digitalisierung zu tun haben. Ein US-amerikanischen Textilunternehmen, das Berufskleidung herstellt, zum Beispiel. Oder Dollar Tree: Ein Betreiber von Billig-Gemischtwarenläden aus Virginia. Auch Hotelketten und Airlines sind in dem Nasdaq100 gelistet, außerdem die Getränkemarke Pepsi und das Unternehmen Starbucks.
Etwas genauer mit der Zuordnung nehmen es die anderen Indizes: der S&P 500, der deutsche Tec-Dax, der Dow Jones oder der MSCI World. In letzterem zum Beispiel werden Versandhändler, Consumer Goods oder Kommunikations-Unternehmen nicht als Technik-Firmen gezählt. Der IT-Anteil im MSCI World beträgt offiziell also “nur” etwa 20% und ist damit das größte Gewicht. Tatsächlich wäre der Anteil an Technik und Digitalem aber deutlich höher, würde man nach den Maßstäben gewichten, die beim Nasdaq100 gelten. Das Unternehmen Cisco zum Beispiel zählt im MSCI World zur Kategorie “Telekommunikation”, die etwa 8% des Gesamtanteils ausmacht. Amazon dagegen fällt im MSCI World unter “Zyklischen Konsumgüter” und Netflix unter “Kommunikation”.
Erhöhtes Risiko
Auch in einer anderen Sache unterscheidet sich der “Tech-Index” Nasdaq100 von anderen Indizes: Die Verteilung. Alleine 33% des Gesamtanteils stellen die drei Schwergewichte Apple, Amazon und Microsoft. Zum Vergleich: Im MSCI World bilden die drei Tech-Giganten ebenfalls die größten Posten, nehmen dabei aber zusammen nur 10,5% vom Gesamtanteil ein.
Von Diversifikation kann bei dem Nasdaq100 also nicht wirklich die Rede sein – viel mehr handelt es sich bei einem Investment in den Index um eine Sektorwette.
Entsprechend hoch sind auch die Schwankungen, denen der Index regelmäßig unterliegt – und die vor allem in Krisenzeiten heftig ausfallen können. Zwar hat die Tech-Branche die aktuelle Corona-Krise bislang vergleichsweise glimpflich überstanden. Anfang der 2000er Jahre zog das Platzen der Dot-Com-Blase den Nasdaq100 dagegen deutlich tiefer (insgesamt um 200% in drei Jahren) in den Abgrund als andere Indizes, die die Gesamtwirtschaft über alle Branchen hinweg abbilden. Während beim Nasdaq100 die Volatilität über die vergangenen 5 Jahre bei 22% lag, betrug sie beim MSCI World nur 16%. Der DAX-Kurs ist seit 2015 übrigens fast genauso stark geschwankt wie der Nasdaq100. (Stand: 17.06.2020)
Nasdaq100 eignet sich nicht für die langfristige Anlage
Auch wenn ein ähnliches Szenario dieser Tage eher unwahrscheinlich ist, empfiehlt sich ein Investment in einen Fonds auf den Nasdaq100 doch eher für risikofreudige Anleger. Was die Rendite betrifft, konnten die großen Tech-Giganten in den vergangenen 5-10 Jahren mächtig zulegen. Doch eine Versicherung, dass es so auch in Zukunft weitergeht, gibt es bekanntermaßen nicht.
Auch wer einen ETF auf den MSCI World bespart, investiert in Digitalunternehmen. Reicht dir die Gewichtung nicht aus, wie sie der Welt-Index vornimmt, kannst du den Tech-Anteil in deinem Portfolio natürlich erhöhen.
Eine Beispielmöglichkeit: 70% deines Ersparten fließen in einen ETF auf den MSCI World, 20% in den MSCI World EM und die verbleibenden 10% in einen ETF auf den Nasdaq100. Sei dir nur bewusst, dass du damit deinen Anteil an US-Unternehmen - der ja im MSCI World ohnehin bereits sehr hoch ist - noch einmal deutlich steigerst.
Kommentare (3)
L
Lucas
sagt am 27. Juli 2022
Mein Ansatz ist hier tatsächlich komplett umgekehrt, quasi eine verdrehte Core-Satelite-Strategie: Langfristig betrachtet sind US-Aktien Wachstums-Garanten. Natürlich haben EM in den letzten Jahrzehnten große Chacen geboten aber spätestens der aktuelle Krieg und die immer auoritäre und willkürliche Führung in China zeigen doch, dass das Investment in solche Länder unangemessene Risiken birgt und auch moralisch bedenklich ist. Es kann immer mal ein gutes Unternehmen aus solchen Schwellenländern wie Russland, China oder Brasilien kommen, wenn das politische System jedoch aus Ideologie und Willkür basiert, kann selbst ein solides Unternehmen über Nacht wertlos sein. Man stelle sich vor, was bei einer Invasion Taiwans mit Chinesischen Aktien passiert... ganz zu schweigen davon, dass man in China nicht einmal echte Aktien der Unternehmen kaufen kann. Die USA vereinen einen soliden Rechtsstaat mit einer leistungsstarken und innovativen Volkswirtschaft, die sich aus allen Krisen hervorragend erholt hat. Das Land hat eine junge Bevölkerung, es werden vergleichsweise viele Kinder geboren und es ist Ziel für die Migration hoch gebildeter Menschen. Daher investiere ich 50% in den MSCI-World als Core meines Investments, nehme aber den Teil, der die größte Rendite bringt (und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch weiter bringen wird) und übergewichte diesen mit weiteren 30% auf den S+P500. Ich glaube weiterhin, dass wir vor einer neuen Revolution in der Tech-Branche stehen (Streaming, Cloud, E-Mobilität, ...), die neue große Player hervorbringen wird. Daher möchte ich die Renditebringer weiter übergewichten und investiere weitere 20% in den Nasdaq100. Ich würde das als Core-Core-Strategie bezeichnen. Ich sehe hier sogar weniger Risiko, da ich auf das langfristig solide Land mit den langfristig soliden Renditen, dem sehr lange und stabild existierenden Rechtsstaat und der innovativsten Wirtschaft setze, anstatt mein Geld in autokratischen Systemen auf den Roulette-Tisch der Diktatoren zu werfen. Aber das ist meine Meinung. Die Argumente für ein 70/30 Portfolio sind auch logisch und nachvollziehbar. Sehr vernünftig und lässig finde ich ja Saidi von Finanztip, der nur einen ETF auf den MSCI-World bespart und solche Ausführungen wie meine hier nur belächeln würde.
I
Ibo
sagt am 19. Juni 2020
Soll man anlegen ?
J
Jose
sagt am 19. Juni 2020
Vielen Dank für die Informationen! Ich freue mich auf euren Newsletter. J
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