Der Cost Average Effekt und was er Anlegern bringt

Finanzfluss Team
Finanzfluss Team
Stand: 9. Mai 2022
Regelmäßiges, gleichmäßiges Investieren in Anlageprodukte mit starken Schwankungen macht sich für uns Anleger mit einer durchschnittlich höheren Rendite bezahlt: Das ist eine grobe Zusammenfassung des Cost Average Effekts, der auf deutsch auch als Durchschnittskosteneffekt bezeichnet wird. Was es mit dieser Theorie auf sich hat, welche Kritik es an ihr gibt und wie du den Cost Average Effekt für dich nutzen kannst, klären wir in diesem Ratgeber.

💡

Was du wissen solltest
  • Der Durchschnittskosteneffekt bezeichnet den durchschnittlich niedrigeren Einstiegskurs, der bei einem regelmäßigen, gleichbleibenden Investitionsbetrag in ein Wertpapier wahrscheinlich entstehen soll.
  • Dies wird der Einmalanlage und dem regelmäßigen Erwerb einer gleichbleibenden Anzahl von Wertpapier-Anteilen entgegengesetzt.
  • Insbesondere bei konsistent steigenden oder fallenden Kursen setzt der Cost Average Effekt aber nicht ein oder kann sogar einen renditehemmenden Charakter aufweisen.

👉

Schritt-für-Schritt
  • In der Praxis hängt die Entscheidung für oder gegen eine Einmalanlage oder einen Sparplan meist vom bereits vorhandenen Anfangskapital ab.
  • Eine Einmalanlage ergibt insbesondere bei breit gestreuten Aktien-ETFs Sinn, da sich so über einen längeren Zeitraum der Zinseszinseffekt noch stärker einstellen kann. Aufgrund der Opportunitätskosten bei Nichtanlage (durch die entgangene Rendite, Inflation und Negativzinsen) ergibt das gestaffelte Investieren bei existierenden Anfangskapital keinen Sinn.
  • Wer über kein Anfangskapital verfügt, kann sich mithilfe eines Sparplans dennoch Stück für Stück Vermögen aufbauen – falls der Cost Average Effekt hierbei greift, ist es noch vorteilhafter.

Drei Arten des Anlegens

Auch wenn sie nicht so trennscharf voneinander zu unterscheiden sind, wie es auf den ersten Blick scheint: Grundsätzlich lassen sich jedoch drei Arten, Geld in Wertpapiere langfristig anzulegen, unterscheiden.

  1. Die erste Art ist die sogenannte Einmalanlage, bei der ein Betrag einmalig eingezahlt wird und dann mit einem längeren Anlagehorizont darauf gewartet wird, dass sich eine positive Rendite einstellt und ein Vermögen aufbaut.
  2. Die zweite Art ist gestaffeltes Investieren, bei dem regelmäßig (etwa monatlich) ein gleichbleibender Betrag – meist unter Nutzung eines Sparplans – eingezahlt wird. Je nach Kursstand des Wertpapiers werden dann mehr oder weniger Anteile desselben erworben.
  3. Die dritte Art kauft regelmäßig eine feste Anzahl von Anteilen der Wertpapiere, wodurch sich der gezahlte Preis derselben jedes Mal an ihrem Kurs orientiert unterscheidet.

Wirklich vergleichbar werden diese Arten des Anlegens erst, wenn vom gleichen Anfangskapital ausgegangen wird, das entweder ganz eingezahlt oder gestaffelt angelegt wird. In der Realität aber eignet sich das gestaffelte Anlegen für Investoren ohne großes Startkapital, die sich peu à peu ein Vermögen aufbauen wollen. Auch ist eine gleichbleibende Anlagesumme bei solchen gestaffelten Investitionen in den seltensten Fällen gegeben – insbesondere, da sich im Verlauf des Lebens die Sparrate (das Verhältnis von Sparbetrag zu Einkommen) oftmals erhöht.

Nichtsdestotrotz wollen wir uns im Folgenden den Cost Average Effekt genauer anschauen, der sich genau im Fall des gleichbleibenden Einzahlens in ein volatiles Anlageprodukt (etwa Aktien-Indexfonds) einstellen kann. Behalten wir aber dennoch die gerade angesprochenen Einschränkungen im Hinterkopf und kommen später auf sie zurück.

Cost Average Effekt vorgestellt

Was ist also der Cost Average Effekt? Wer zu einem festen Betrag regelmäßig Anteile von Wertpapieren mit hoher Schwankung kauft, also etwa von Fonds, ETFs oder Aktien, erhält auch demnach schwankende Mengen dieser Wertpapiere: Wenn der Kurs des Wertpapiers hoch steht, können weniger Anteile gekauft werden, ist er niedriger, werden mehr vom gleichen Betrag gekauft. Die Idee des Cost Average Effekts ist nun, dass, wenn diese Art des Anlegens betrieben wird, der durchschnittlich gezahlte Preis pro Wertpapier-Anteil wahrscheinlich niedriger ist als bei den beiden anderen Arten des Anlegens (Einmalanlage oder regelmäßig gekaufte feste Anzahl von Anteilen).

Der durchschnittlich niedrigere Preis der Wertpapier-Anteile bedeutet dann, dass der Anleger eine Art Renditebonus einfährt. Allerdings kann es hier nur um Wahrscheinlichkeiten gehen, da der Cost Average Effekt nicht in jedem Fall zutrifft (und, wie du weiter unten sehen wirst, umstritten ist).

Natürlich kann der Durchschnittskosteneffekt erst im Nachhinein berechnet werden, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg mithilfe eines Sparplans mit einer gleichbleibenden Summe Geld Anteile von Wertpapieren gekauft wurden. Wenn man die durchschnittlichen Kosten dieser Investitionen mit denen einer Einmalanlage oder eines Sparplans mit gleichen Anteilen vergleicht und diese Kosten niedriger sind als in den beiden anderen Fällen, spricht man vom Cost Average Effekt.

Rechenbeispiel Cost Average Effekt

Um zu illustrieren, wie der Cost Average Effekt zustande kommt, im Folgenden eine simple Kalkulation zweier Fälle:

Im ersten Fall gehen wir davon aus, dass du über fünf Monate hinweg jeden Monat 100€ in ein Wertpapier investierst. Aufgrund der starken Schwankungen des Kurses dieses Wertpapiers erhältst du für die gleiche Summe Geld unterschiedlich viele Anteile. Hier kannst du sehen, wie sich der Kurs unseres fiktiven Wertpapiers auf die Anteilsmengen auswirkt:

Im ersten Monat erhältst du für 100€ einen Anteil des Wertpapiers, im zweiten aufgrund des gestiegenen Kurses nur 0,66, im dritten wieder einen, im vierten dann zwei aufgrund des gesunkenen Kurses und so weiter. Insgesamt kommst du so auf ungefähr 5,66 Anteile, für die du insgesamt 500€ bezahlt hast. 

Hättest du als zweiten Fall jeden Monat exakt 5 Anteile gekauft, egal wie hoch oder niedrig der Kurs des Wertpapiers stand, hättest du ebenfalls 500€ ausgegeben (100 + 150 + 100 + 50 + 100 = 500).

Multipliziert man nun die 5,66 erworbenen Anteile aus Fall 1 mit dem Schlusskurs des Wertpapiers (100€), kommt man auf eine Summe von 566€, die dein Portfolio in diesem Fall wert ist. Die 66€ Differenz zwischen Fall 1 und Fall 2 sind die Extra-Rendite, die Fall 1 aufgrund des Durchschnittskosteneffekts erreicht hat. Der durchschnittliche Einstiegskurs für Fall 1 liegt bei etwa 88€, während er in Fall 2 bei 100€ liegt. Hätte man übrigens zu Beginn alle Anteile per Einmalkauf erworben, würde man auch auf einen Durchschnittseinstiegskurs von 100€ kommen. 

Kritik am Cost Average Effekt

Bisher haben wir immer betont, dass es sich beim Eintritt des Cost Average Effekts um Wahrscheinlichkeiten handelt. Wenn über einen längeren Zeitraum der Kurs eines Wertpapiers konstant sinkt oder steigt, verliert der Cost Average Effekt seine Wirkung. Bei langfristigem Sinken des Kurses werden zwar zunehmende Mengen des Wertpapiers gekauft, allerdings kann das die verlorene Rendite nicht ausgleichen. Bei konstantem Anstieg werden immer weniger Anteile gekauft, was auch zu weniger Rendite durch weitere Kurssteigerungen und Zinsausschüttungen führt.

Da etwa bei ETFs auf Weltindizes mit einem konsistenten (wenn auch nicht konstanten) Wertanstieg über einen längeren Zeitraum (min. 10 Jahre) gerechnet werden kann, verliert der Cost Average Effekt an Wirkung. Beim direkten Vergleich desselben Anfangskapitals als Einmalanlage oder gestaffelte Sparplan-Investition kommen außerdem große Opportunitätskosten hinzu, also verlorene Rendite, da nur ein Teil des Geldes angelegt wird. Durch Inflation und Negativzinsen auf Girokonten und Tagesgeld verliert man derzeit real Geld, wenn man es nicht gewinnbringend anlegt. 

Eine weitere Konsequenz aus dieser Überlegung ist außerdem, dass bei einer Investition in nicht-volatile, stetig wachsende Anlageklassen wie etwa Anleihen der Cost Average Effekt nicht greift und eine verteilte, regelmäßige Anlage keinen positiven Effekt erzielt.

Der Cost Average Effekt kann also auch nicht eintreten oder das gestaffelte Investieren sogar Rendite kosten. Bemängelt wird außerdem oftmals, dass Investmentfirmen Einzelanleger zum Investieren von Beträgen anwerben wollen, die gestaffelt höher sind, als die Anleger eigentlich insgesamt hätten investieren wollen. Zu Zeiten des Booms selbstbestimmten Sparens und Investierens in ETFs verliert dieses Argument aber an Schlagkraft, weil Anleger, die durch Sparpläne in die Lage versetzt werden, sich zu niedrigen Kosten langfristig ein Vermögen mithilfe des Kapitalmarkts aufzubauen, de facto von der Niedrigschwelligkeit gestaffelten Investierens profitieren.

Auch solltest du beachten, dass sich der Cost Average Effekt beim sogenannten Entsparen ins Gegenteil verkehren kann und sich damit negativ auf die Rendite auswirken kann. Wer also regelmäßig Geld aus seinem Investment entnehmen will, sollte sich überlegen, ob der Verkauf fester Anteilszahlen vielleicht günstiger für ihn ist oder die Möglichkeit eines negativen Durchschnittskosteneffekts hingenommen werden kann.

Cost Average Effekt in der Realität: Einmalanlage oder Sparplan?

Wer eine größere Summe Geld zur Verfügung hat und diese langfristig in Wertpapiere mit höheren Schwankungen (etwa Aktien oder ETFs) anlegen möchte, sollte trotz eines möglichen Cost Average Effekts nicht mit der Anlage warten. 

Wer sein Geld mit einem Mal breit gestreut anlegt und es damit länger angelegt lässt, hat nicht nur höhere Chancen, von der durchschnittlichen Marktrendite zu profitieren, sondern erzielt auch einen stärkeren Zinseszinseffekt. Dieser beschreibt den langfristigen Effekt, wenn die Rendite bei einer Geldanlage in die Anlagesumme einfließt und damit den Vermögensaufbau mit langem Anlagehorizont unterstützt. Zudem ist der Cost Average Effekt nie garantiert, sondern bloß eine Möglichkeit.

💭

Übrigens!
Mit dem DAX-Renditedreieck kannst du beispielhaft sehen, wie sich die regelmäßige Anlage in den DAX per Sparplan renditemäßig historisch ausgezahlt hätte. Bemerkenswert ist hierbei vor allem, dass, je länger du investierst (und investiert bleibst), desto wahrscheinlicher sich deine durchschnittliche Gesamtrendite einem positiven Mittelwert annähert – egal, zu welchem Zeitpunkt du mit deinem Investment begonnen hast. Time in the market beats timing the market!

In der Realität ist die Entscheidung über Sparplan oder Einmalanlage aber vor allem durch fehlendes Anfangskapital geprägt: Wer über kein oder nur geringes Anfangskapital verfügt, für den ist ein Sparplan genau die richtige Wahl, um über einen längeren Zeitraum Vermögen aufzubauen. Dadurch, dass viele Online-Broker die Kosten für solche Sparpläne (insbesondere ETF-Sparpläne) fast auf Null gesenkt haben, lohnt diese Art des Vermögensaufbaus in jedem Falle. Wer regelmäßig Geld spart und anlegt (und eventuell über die Zeit auch noch die Sparrate erhöht), kann bei guter Diversifizierung bei minimiertem Risiko gute Renditen einfahren. Zudem erleichtert das konstante, regelbasierte Anlegen per Sparplan (jeden Monat einen gleichen Betrag), sich nicht davon verführen zu lassen, den Markt durch gutes Timing schlagen zu wollen. Und wenn sich zusätzlich noch ein Cost Average Effekt einstellt – umso besser! 

Häufig gestellte Fragen

Was versteht man unter Cost Average Effekt?

Wie berechnet man den Cost Average Effekt?

Ist der Cost Average Effekt ein Mythos?